Dagrun Hintze: Einvernehmlicher Sex

In 38 Prosagedichten erzählt Dagrun Hintze vom Liebesleben einer modernen Frau: Mal heiter, mal lakonisch, mal wehmütig, mal überschwänglich. In Szenen, die man selber kennt, von Gefühlen, die man nachvollziehen kann.

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Bild von Wilfried Pohnke auf Pixabay

„Auf der Mitte des Lebens kann Liebe
verdammt beunruhigend sein
aber auf der Mitte des Lebens
gelang es mir jetzt
mit Hilfe des Stadtplans zurückzukehren
an den Platz auf dem ich sitzen wollte
allein“

Dagrun Hintze, Auszug aus „Pfirsiche kaufen“


In und auf der Mitte des Lebens hat eine Frau idealerweise schon einige Variationen der Liebe hinter sich, Erfahrungen gesammelt, Dramen erlebt, Enttäuschungen überstanden, Hoffnung geschöpft, den Zauber des Anfangs und die Magie des Bleibens erfahren – von all dem erzählt die 1971 in Lübeck geborene Schriftstellerin Dagrun Hintze in ihrem neuesten Gedichtband „Einvernehmlicher Sex“.  Einigen Lesern des Blogs dürfte sie noch durch ihre Fußballgeschichten unter dem Titel „Ballbesitz“ in Erinnerung sein – und wer so unterhaltsam und treffend über Fußball schreiben kann, der kann das auch über weitere wichtige Nebensächlichkeiten des Lebens: Liebe, Sex, Erotik.

„Ich hatte in meinem ganzen Leben
noch nie einen One-Night-Stand hinbekommen
auch wenn jede zweite Frauenzeitschrift
behauptet dass man das vor Dreißig
geschafft haben muss“

… heißt es im titelgebenden Gedicht „Einvernehmlicher Sex“. Ob es der Erzählerin mit 40 gelingt (oder eben auch nicht), sei an dieser Stelle nicht verraten. Aber schon die wenigen Zeilen machen deutlich: Mit der Autorin könnte man einen herrlichen Frauenabend verbringen, bei ein paar Glas Wein kichernd und lachend die eigenen Liebespleiten austauschen. Es sind Geschichten vom ersten Petting, damals, mit fünfzehn, mit dem Sohn eines Müslifabrikanten über die Begegnung mit einem Tschechen, den frau gerne 20 Jahre früher kennengelernt hätte bis hin zum veritablen Liebeskummer, der unvermittelt über einen hereinbricht, weil sieben Jahre nach der misslungenen Liebesgeschichte plötzlich Brian Ferry im Taxi erklingt. Love is the Drug.

38 Gedichte über das Frauenleben heute

In 38 Prosagedichten erzählt Dagrun Hintze vom Liebesleben einer modernen Frau: Mal heiter, mal lakonisch, mal wehmütig, mal überschwänglich. In Szenen, die man selber kennt, von Gefühlen, die man nachvollziehen kann. Und hier trifft es der Text des Verlags, der behauptet: „Man begleitet die Erzählerin durch Höhen und Tiefen und merkt irgendwann, dass man sich zwischen den Zeilen befreundet hat.“

Mein Lieblingsgedicht in diesem Band ist jedoch eines geworden, das vergleichsweise verklausuliert wirkt:

Zwischenstand

Bis hier
Ein Fell auf nackter Haut
die auch nicht mehr schneeweiß ist
und Leberflecke an pikanten Stellen
Nicht aus der Zeit gefallen
auch nicht verrückt geworden
Pfefferminztee
und ein halbes Leben

Die Autorin Simone Buchholz äußert sich begeistert über die Gedichte der „open mike“-Preisträgerin 2005:

„Dagrun Hintze haut einem die Poesie um die Ohren, dass die Welt aus dem Takt gerät, mitten hinein in die schönste Schieflage, in eine zarte Schlagseite, ins heftigste Wetter, in bunte Himmel, und man möchte mit ihr und ihren Piratenfreunden durch diese Nächte und Tage tanzen, von denen sie schreibt.“


„Einvernehmlicher Sex“ ist erschienen bei Minimal Trash Art (MTA), einem Verlag für Musik, Texte und Bilder, der heuer sein 20-jähriges Bestehen feiert. Reinschauen lohnt sich: https://www.minimaltrashart.de/

Dagrun Hintze
Einvernehmlicher Sex
38 Gedichte
Minimal Trash Art (MTA), 2018
ISBN 978-3-9814175-3-1-
Minimal Trash Art (MTA)

Autor: Birgit Böllinger

Büro für Text&Literatur: Pressearbeit für Verlage, Autorinnen und Autoren, Literatureinrichtungen

6 Gedanken zu „Dagrun Hintze: Einvernehmlicher Sex“

  1. Liebe Birgit,
    ein interessantes Buch, dass du uns vorstellst.
    Ehrlich, ich habe nicht das Bestreben nach one-night-stands. Braucht es nicht Liebe, Vertrauen und Zeit, um Sex zu haben? Oder bin ich nur hoffnungslos altmodisch?
    Liebe Grüße von Susanne
    P.S. Ich bin natürlich so neugierig, dass ich das Buch kaufen werde. 😉

    1. Liebe Susanne,
      das ist nur ein Beispiel für die Bandbreite dieser Gedichte, die auch ganz humorvoll und selbstironisch sind. Herzliche Grüße von Birgit

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