HARTMUT FÄHNDRICH: Kleine Festungen

„Kleine Festungen“: Eine Textsammlung für junge Leser und Erwachsene, die daraus erfahren können, wie Kinder und Jugendliche in der arabischen Welt (zwischen Irak und Marokko, zwischen Syrien und Jemen) aufwachsen, was sie erleben und empfinden, und wie dieses Erleben, literarisch gebrochen, wiedergegeben wird. Zusammengestellt von Hartmut Fähndrich.

51 Geschichten von 51 Autoren aus elf arabisch-sprachigen Ländern hat der Nahost- und Literaturwissenschaftler Hartmut Fähndrich für die Anthologie Kleine Festungen übersetzt und zusammengestellt, von der Libanesin Maha Nasrallah wurden sie mit filigranen Zeichnungen bereichert. Geschichten, wie sie inhaltlich und stilistisch unterschiedlicher nicht sein könnten und thematisch nur eine Gemeinsamkeit haben: die ersten zwei Jahrzehnte menschlichen Lebens.

Die erzählte Zeitspanne vom Geboren- bis zum Erwachsenwerden durch unterschiedlichste Sozial-, Bildungs- und Gefühlswelten hindurch, geschildert anhand individueller Erlebnisse, Erinnerungen und Gefühle von Autor:innen unterschiedlichen Alters, verdeutlicht die unglaubliche Verschiedenheit und Vielfalt von Menschen, selbst wenn sie aus demselben Land stammen.

Wie beispielsweise die Erzählungen zweier Syrer:innen. In „Die Mörderin“ von Haifa Bitar tyrannisiert ein grausamer Vater seine Tochter jahrelang dermaßen, dass sie keinen anderen Ausweg sieht, als ihn zu erstechen und nach der Tat zu fliehen. Haidar Haidar lässt die weibliche Erzählerin in „Mein Vater“ hingegen sagen: „Er war mir Vater in der Kindheit und wurde mir Freund, Lehrer und Vorbild in einer Umgebung, die ihre Zurückgebliebenheit aus Urzeiten mitschleppte.“

Wichtiges Thema in der arabischen Welt ist, wie überall sonst auch, das Erwachen der Sexualität. So ist in „Die Speichelladung“ von Raja Alem der Tag der ersten Menstruation ein Tag der Schande für die Mutter und einer der Schuld für die Erzählerin. In „Ich kann mich nicht mehr erinnern“ von Laila al-Sajjid Hussain ist dieser Tag lediglich verwirrend für sie selbst, weil sie sich noch gar nicht als Erwachsene fühlt. Oder „Ein Mädchen namens Wien“, das sich erstmals in einen Jungen verliebt, aber feststellen muss, „dass mein Schatz meine Gefühle nicht erwiderte, dass er schwul war. „Er liebte Männer, junge Männer“, wie Sahar Mandur ihre Erzählung enden lässt.

Hamad al-Issa schildert äußerst humorvoll die Konfrontation zweier Kinder und ihrer Eltern mit den Absurditäten der saudi-arabischen Regimestrenge anlässlich einer Tour von Khobar zum Shoppen in Bahrain. „Kleine Festungen“ ist eine Fundgrube für jeden, der Erzählungen liebt, völlig unabhängig davon, ob er sich jemals mit der arabischen Welt auseinander gesetzt hat oder nicht.

Eine Textsammlung für junge Leser und für Erwachsene, die daraus erfahren können, wie Kinder und Jugendliche in der arabischen Welt (zwischen Irak und Marokko, zwischen Syrien und Jemen) aufwachsen, was sie erleben und empfinden, worüber sie sich freuen und woran sie leiden bzw. wie dieses Erleben, literarisch gebrochen, wiedergegeben wird.


Autor*innen und Herausgeber:

Mit Beiträgen von: Sahar Mandur (Libanon), Gamil Atija Ibrahim (Ägypten), Muhammad Safsaf (Marokko), Michaïl Nuaima  (Libanon), Samicha Chrais (Jordanien), Salwa Bakr (Ägypten), M. Salach al-Asab (Ägypten), Nadschwa Binschatwan (Libyen), Anwar Scha‘ul (Irak), Wagdi al-Komi (Ägypten), Ibrahim Samauïl (Syrien), Achmad al-Chamissi (Ägypten), Raja Alem (Saudi-Arabien), Achlam Bischarat (Palästina), Badrija al-Bischr (Saudi-Arabien), Buthaina al-Nassiri (Irak), Edwar al-Charrat (Ägypten), Muhammad al-Bissati (Ägypten)

Hartmut Fähndrich, geboren 1944 in Tübingen, studierte dort und in den USA Nahostwissenschaft und Vergleichende Literaturwissenschaft; er lebt seit 1972 in der Schweiz; unterrichtete von 1978 bis 2014 an der ETH Zürich arabische Sprache und Kulturgeschichte; übersetzt seit 1984 zeitgenössische arabische Literatur; wurde
mehrfach für seine Übersetzungstätigkeit ausgezeichnet, zuletzt 2016 mit dem Schweizer Literaturpreis – Spezialpreis Übersetzung.


Stimmen zum Buch:

„Die Geschichten selbst und die Herkunft der Autoren sind sehr heterogen, so dass sich hier ein gelungener Querschnitt aus der arabischen Literatur zeigt.“ – Travel Without Moving

Hartmut Fähndrich in einem ausführlichen Interview mit Dr. Uwe Kullnick bei Literatur Radio Hörbahn


Informationen zum Buch:

Kleine Festungen
Geschichten über arabische Kinder und Jugendliche
Zusammengestellt und aus dem Arabischen übersetzt von Hartmut Fähndrich
Mit Illustrationen von Maha Nasrallah
Edition Faust, Frankfurt 2021
Klappenbroschur, 382 Seiten, 24,– €
ISBN 978-3-945400-85-2


Ein Beitrag im Rahmen meiner Pressearbeit für den Verlag