Rainer Maria Rilke – Sieben Gedichte

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Bild von DerWeg auf Pixabay

Schwindende du kennst die Türme nicht.
Doch nun sollst Du einen Turm gewahren
mit dem wunderbaren
Raum in dir. Verschließ dein Angesicht.
Aufgerichtet hast du ihn
ahnungslos mit Blick und Wink und Wendung.
Plötzlich starrt er von Vollendung,
und ich, Seliger, darf ihn beziehn.
Ach wie bin ich eng darin.
Schmeichle mir, zur Kuppel auszutreten:
um in deine weichen Nächte hin
mit dem Schwung schoßblendender Raketen
mehr Gefühl zu schleudern, als ich bin.

Rainer Maria Rilke

Sieh an, sieh an: Der feinsinnige Rilke kann auch anders. Zumindest auf dem Papier. Ein Blick von ihr und ihm gehen die Raketen durch – nun gut, diese Metapher klingt schon etwas martialisch. Die spielen Liebe, die spielen Krieg. Aber am Ende verrät er sich denn doch, der dichtende Papiertiger – verschleudert mehr Gefühle, als er hat. Ach, Herr Rilke! 

22 Gedanken zu „Rainer Maria Rilke – Sieben Gedichte

  1. Die durchgehenden Raketen stehen Herrn Rilke formidable.
    Seit Deinem schönen Bild lese ich das Gedicht nurmehr schmunzelnd.
    Oh weiaweh…..

    Liebe Grüße und lieben Dank von der Rilke gern habenden Karfunkelfee

  2. Was denkt ihr eigentlich? Neueste Untersuchungen (u. a. von A. T. Wille (1)) belegen eindeutig: Rainer Maria war ein Technik-Freak. (1) Wille, A. T.: Rainer Maria Rilke und die Ingenieurskunst des frühen 20. Jahrhunderts. – Weltbild, 2016

  3. Liebe Birgit, schöner und heiterer hätte mein Morgen nicht beginnen können! Ich dachte, ich verlese mich, dachte mein Geist gaukelt mir Assoziationen vor, die nicht sein können. Man darf eben keine Vorurteile haben, manche Dichter konnten eben durchaus anders…
    Ich wünsche dir einen guten Start ins Wochenende, ich bin (auf Monteure wartend) ans Haus gefesselt, doch da das internet gerade geht, kann ich mir die Zeit sehr sinnvoll mit deinen Beiträgen vertreiben 🙂
    LG, B.

    • Liebe BiJ,
      das freut mich … und ich wünsch Dir auch weiter viel Heiterkeit am Wochenende. Gute Wahl jedenfalls meine Beiträge zu lesen, bevor der Montör dreimal klingelt. Ich hoffe, er bringt das mit dem Internet endlich ordentlich hin!

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