Von Möpsen und Menschen

„Ein Leben ohne Mops ist möglich, aber sinnlos.“ Loriot war übrigens nicht der einzige Kreative, der der Mopserei verfiel. Ein Streifzug durch Möpsisches.

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Die allgemeine Verehrung von Möpsen war mir schon immer ein Rätsel. Sehe ich Frauchen und Herrchen mit welchen, dann denk ich mir insgeheim: Niedlich. Aber warum halten sich die Leute denn keinen Hund???

Doch ausgerechnet unter Künstlern und Anhängern ist die Zahl der Mopsianer Legion. Es gibt zwar 1001 und mehr Dalmatiner, es gibt Bernhardiner, Dackel, Schäferhunde, meinetwegen auch Pudel und Spitze, und es gibt die Königsklasse, den Mischling. Aber kein Hund wurde gefühlt so oft bedichtet wie der Mops, über keinen wahrscheinlich so viel geschrieben wie über dieses Knautschgesicht mit vier Beinen.

Loriot und sein Mops waren nicht die ersten

Und dies nicht erst seit Loriot, der da einfach behauptete: „Ein Leben ohne Mops ist möglich, aber sinnlos.“ Auch Ernst Jandl mit seinem kotzenden Mops löste diese doch etwas skurrile literarische Mode nicht aus. Dafür werden sich an diesem Werk noch Generationen von Sprachwissenschaftlern, Literaturexperten und Germanisten abarbeiten. Es gibt seitenweise Untersuchungen dazu, die von einer Analyse der anarchistischen Züge des Mops reichen bis hin zur Feststellung, das Gedicht drücke die Annäherung von Mensch und Tier aus. Wie mopsig. Mir macht dieser Mops vor allem eines: Immer wieder einen Mops-Spaß.

Die Reihe seiner dichtenden Anhänger war schon zuvor staatlich. Unter anderem waren Heinrich Heine, Rainer Maria Rilke und Gregor von Rezzori Freunde dieses „anhänglichen Begleithundes“. Goethe („Der Mops von Edelstein“), Wilhelm Busch („Plisch und Plum“) und andere setzten ihm literarische Denkmäler. Die Anzahl der Mops-Gedichte und Mops-Geschichten ist so hoch wie die Häufchen-Dichte in manchem Berliner Stadtpark.

Das Brettener Hundle berühmter als Melanchthon

Der Mops stammt ursprünglich aus China. Es war das Privileg des Kaisers, ihn zu berühren und anzufassen. Für Hinz und Kunz gab es nur zweite Wahl – sprich Möpslinge, die nicht den kaiserlichen Standards entsprachen. Später schrieb der Mops in Europa Geschichte – so das Brettener Hundle, das 1504 in der Melanchthon-Stadt eine Belagerung beendete. Melanchthon ist der zweitnächstberühmte Sohn der Stadt. Nach dem Mops.

Seltsamerweise wurde der Mops zwar viel und oft bedichtet, kommt dabei dann aber oftmals nicht allzu gut weg. Vielleicht auch deshalb, weil die Poeten dazu neigten, ihm menschliche Eigenschaften zuzuschreiben oder ihn gar mit unserer Spezies verglichen. So gab Hoffmann von Fallersleben dem Mops sogar die Sprache und dazu eine verfressene Schlauheit: „Als unser Mops ein Möpschen war“.

Der klassische Mops:

Christian Morgenstern kapriziert sich auf die Urgemütlichkeit, die dieser Hund auf viele ausströmt:

Mopsenleben

Es sitzen Möpse gern auf Mauerecken,
die sich ins Straßenbild hinaus erstrecken,
(um) von sotanen Posten
die bunte Welt gemächlich auszukosten.
O Mensch, lieg vor dir selber auf der Lauer,
sonst bist du auch ein Mops nur auf der Mauer.

Auf Wilhelm Busch ist Verlass: Mensch und Mops kommen bei ihm gleichermaßen nicht allzu gut weg.  In seinem naturgeschichtlichen Alphabet „für größere Kinder und solche, die es werden wollen“, bemerkt Herr Busch  nur süffisant: „Der Mops ist alter Damen Freude.“ Um das in gereimter Form noch deutlicher zu schildern:

Die Strafe der Faulheit

Fräulein Ammer kost allhier
Mit Schnick, dem allerliebsten Tier.

Sie füttert ihn, so viel er mag,
Mit Zuckerbrot den ganzen Tag.

Und nachts liegt er sogar im Bett,
Da wird er freilich dick und fett.

Einstmals, als sie spazieren gehen,
Sieht man den Hundefänger stehen.

Er lockt den Schnick mit einer Brezen.
Das Fräulein ruft ihn voll Entsetzen.

Doch weil er nicht gehorchen kann,
Fängt ihn – gripsgraps! – der böse Mann.

Seht, wie er läuft, der Hundehäscher!
Und trägt im Sack den dicken Näscher.

Gern lief er fort, der arme Schnick,
Doch ist er viel zu dumm und dick.

„Den schlacht´ ich!“ spricht der böse Mann,
“Weil er so fett und gar nichts kann.“

Das Fräulein naht und jammert laut,
Es ist zu spät: da liegt die Haut.

Zwei Gülden zahlt sie in der Stille
Für Schnickens letzte Außenhülle.

Hier steht der ausgestopfte Schnick.
Wer dick und faul, hat selten Glück.

Überhaupt scheint der Mops in den Augen mancher Poeten das Tier älterer Damen zu sein, ein Partner- und Liebesersatz. Man denke nur an „Der Mops von Fräulein Lunden“ von James Krüss: Der Mops von Fräulein Lunden war eines Tags verschwunden. Sie pflegte, muss man wissen – tagtäglich ihn zu küssen… Immerhin verdeutlicht Krüss, wie wenig dem Tier das gefallen haben mag, denn: „Ein Mops ist keine Puppe“. Schleifchen soll er also nicht tragen, aber was geschieht, “Wenn die Möpse Schnäpse trinken”?

Man sieht also: Die literarische Auseinandersetzung mit dem Mops ist vielgestaltig und hat Tradition. Meine verwunderte Frage – warum der Mops, warum unter allen Hunden gerade er? – löst das nicht auf. Vielleicht liegt die Antwort in Loriots Definition: “Möpse sind mit Hunden nicht zu vergleichen. Sie vereinigen die Vorzüge von Kindern, Katzen, Fröschen und Mäusen.” Ja, dann!

Womit Loriot bewiesen hätte, dass, wenn es den Menschen nicht gäbe, der Mops also nicht nur ein Hund, sondern beinahe noch ein Wolf wäre. Den Urvater des Mopses stellte Claudia von „Das graue Sofa“ anhand der wunderbaren Buchreihe „Naturkunden“ vor einigen Tagen vor, ein Portrait des Wolfs.

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