Albert Drach: Das Goggelbuch

Albert Drach (1902 – 1995) gilt als ein Autor, der nur noch von Liebhabern gelesen wird. Was zu bedauern ist: Sein Stil ist prägnant und beeindruckend.

Bild von Birgit Böllinger auf Pixabay

„Der Hauptmann fragt ihn um seine Nation und erfährt, dass er ein Deutscher ist. Er meint nun, dann bleibe er besser hier, wenn er ein richtiger Kerl sei, hier seien viele Landsleute, soferne es ihm nämlich gleich sei, für welchen Fetzen Fahne er fechte, er brauche deshalb noch lange nicht protestantisch zu werden. Goggel sieht das bald ein, zumal es ihn besser dünkt, für den Feind zu kämpfen, als bei diesem gefangen zu sein.“

Albert Drach, „Das Goggelbuch“, 1942

Der Autor und Anwalt Albert Drach (1902 – 1995) gilt gemeinhin als einer, der allenfalls noch von Literaturwissenschaftlern und einer engen Liebhabergemeinde gelesen wird. Sehr schade wäre das. Denn der schreibende Rechtsanwalt entwickelte einen ganz eigenen Stil, geprägt durch seinen Beruf, einen trockenen, nur auf den ersten Blick spröden „Protokollstil“, der durchdrungen ist von feinster Ironie. Als sein Hauptwerk gilt „Das große Protokoll gegen Zwetschkenbaum“, verfasst 1939, erschienen erst 1964. Der Unglücksrabe Schmul Zwetschkenbaum, ein umherziehender Talmud-Schüler, gerät in die Fänge der österreichischen Justiz. Was ihm dort geschieht, geschieht ihm, weil er Jude ist – so ist der Roman eine intelligente, schonungslose Abrechnung mit dem Antisemitismus, der sich zugleich der Sprache der österreichischen Justiz bedient.

Auf der Flucht vor den Nationalsozialisten entstanden

Für Drach-Einsteiger sei jedoch „Das Goggelbuch“ empfohlen, eine Erzählung, die 1942 entstand, als Albert Drach, der vier Jahre zuvor aus Österreich vor den Nazis geflohen war, sich in Frankreich befand und befürchten musste, dass ihn der „Teufel“ in Gestalt der braunen Schergen auch dort aufspüren würde. Erzählt wird die Geschichte des Xaver Johann Gottgetreu Goggel, der im 16. Jahrhundert zwei sinistren Herren dient, der nach oben katzbuckelt, nach unten tritt und auf seinem Weg durch halb Europa jedwede Untat begeht. Eine Posse, die zahlreiche Volten schlägt. Es folgt ein Strudel an Ereignissen – am Ende spuckt ein Spiegel den gewissenslosen Opportunisten Goggel, der dem Teufel diente und dabei höchstselbst zum Teufel ward, „frisch und neu wie eine unbefleckte Jungfrau“ wieder aus. Auch in dieser Erzählung fand Albert Drach zu einer ganz eigenen Sprache – protokollhaft, ironisch, aber auch – der erzählten Zeit angemessen – derb und direkt.

Ein Beispiel dafür ist Goggels „Trutzwetterlied“:

Und kotzt das Wetter mir bös ins Maul
Und furzt gar furchtbar und wuchtig der Sturm,
Krau ich ihm die Augen mit den Eisen vom Gaul,
Wind ich ihm in den Hintern den Kolben als Wurm.
Hurrah!

Und die Moral von der Geschicht`? Goggel sprich Opportunisten fallen immer wieder auf die Füße – sei es zur Zeit der Glaubenskriege, sei es zur Zeit des Nationalsozialismus, sei es heutzutage …

Informationen zum Buch:

Albert Drach
Das Goggelbuch
Zsolnay Verlag, 2011
ISBN: 978-3-552-05548-3

Autor: Birgit Böllinger

Büro für Text&Literatur: Pressearbeit für Verlage, Autorinnen und Autoren, Literatureinrichtungen

3 Gedanken zu „Albert Drach: Das Goggelbuch“

    1. Klasse! Ich freue mich, dass er hier nicht völlig unbekannt ist. Herzliche Grüße, Birgit

Kommentar verfassenAntwort abbrechen

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

Die mobile Version verlassen
%%footer%%