Peter Rosegger: Weltgift

Peter Rosegger, ein Naturtalent, avancierte zum Volksschriftsteller und Bestsellerautor. In „Weltgift“ zeigte er seine ironische, kritische Seite.

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„Hadrian Hausler war mit seiner That überaus zufrieden. Jetzt hing er nicht mehr in der Luft, jetzt stand er fest auf der Scholle. (…) Welch eine Aufgabe! Sie, die heute noch lachen über den durchgebrannten Kompagnon Hausler, werden mir noch ein Denkmal setzen. Ein Denkmal war immer mein Ideal. Eins aus Erz auf Sandsteinsockel. Marmor hält nicht in diesem Klima.“

Peter Rosegger,, „Weltgift“


Peter Rosegger? Irgendwo, irgendwann hatte ich das Vorurteil aufgegriffen, der Rosegger sei eine Art österreichischer Ganghofer und mich nie mit ihm beschäftigt. Meine Neugierde wurde durch den Septime Verlag in Wien geweckt – er gab nun den 1903 erstmals veröffentlichten Roman „Weltgift“ wieder heraus, verbunden mit dem Hinweis auf dessen sozialkritische Aktualität, die uns heute wieder ansprechen könnte.

Rosegger (1843 – 1918), als Waldbauernbub in eine Region mit hohem Analphabetismus hineingeboren, der kaum Chancen auf eine gute Bildung hatte, wurde durch sein erzählerisches Talent früh entdeckt. Einige Förderer und Gönner (darunter ein Bierbaron) ermöglichten ihm den Besuch der Grazer Handelsakademie. Von da an war kein Halten mehr: Rosegger avancierte schnell zum vielgelesenen Autor, ein Volksschriftsteller, der 1913 sogar für den Literaturnobelpreis im Gespräch war.

Parallelen zu Ludwig Ganghofer

Parallelen zu Ganghofer gibt es durchaus, insbesondere in sozialen und politischen Fragen – Haltungen, vom Zeitgeist geprägt, die sich aus unserer heutigen Perspektive einer simplen schwarz-weiß Bewertung entziehen. Beide konservativ in ihren Ansichten, Rosegger monarchietreu, Ganghofer deutlich nationalistisch. Beide verfassten, angesteckt vom Weltenbrand, während des Ersten Weltkriegs kriegsverherrlichende Texte, obwohl Rosegger beispielsweise vor der Jahrhundertwende ein aktives Mitglied der pazifistischen Bewegung in Österreich war. Die Werke der beiden Autoren wurden posthum von den Nationalsozialisten für deren Zwecke vereinnahmt. Und beide sind bis heute schwer einzuordnen, werden je nach Standpunkt nach wie vor für gewisse Zwecke genutzt oder abgelehnt, wie auch ein Artikel anlässlich des 170. Geburtstages von Rosegger im österreichischen „Profil“ zeigt.

Parallelen im Werk sind zu finden in der Auseinandersetzung mit der sozialen Lage der Bauern, dem Auseinanderklaffen der Klassen, den Konflikten, die im Zuge der Industrialisierung entstehen, aufgezeigt oftmals am Gegensatz von Stadt und Land.

Flucht aufs Land als Heilmittel

So begeht auch die Hauptfigur des Romans „Weltgift“, Hadrian („Hadri“) Hausler – kein Häusler, sondern Sohn aus gutem Hause, jedoch nirgends daheim und auch in sich unbehaust – Landflucht: Der Fabrikantensohn, seines verschwenderischen, sinnlosen Lebens in der Stadt überdrüssig, schlägt die Firmennachfolge aus und versucht in der österreichischen Provinz als Gutsherr Fuß zu fassen. Und scheitert auch daran grandios. Von einem betrügerischen Verwalter eh schon um das letzte Hemd gebracht, ruiniert ihn ein Hochwasser vollends. Einziger Halt ist sein junger Geselle Sabin, den der von der Frauenwelt enttäuschte Hausler- seine Geliebte heiratet des besseren Ertrags wegen seinen Vater- in fast schon homoerotischer Weise verehrt. Zwar ist diese – zudem einseitige Männerfreundschaft – zurückhaltend dargestellt. Doch sowohl dies als auch andere Szenen des Romans wurden bei dessen Erscheinen von der konservativen Öffentlichkeit als „lüstern“ empfunden. Gerald Schöpfer zitiert in seinem Nachwort zu „Weltgift“ aus dem „katholischen Schulvereinskalender“ von 1903:

„Darum findet sich in seinen Geschichten so manches, was ein reines Gemüt abstößt und ein gläubiges Herz im Innersten verwundet. Aber gerade diese pikante Sauce behagt dem lüsternen Gaumen der meisten Leser.“

Heute könnte wohl das persilreinste Herz kaum mehr erotisch Anstößiges in diesem Roman finden: Rund um Hausler finden sich allerlei junge Leute, bändeln an und heiraten am Ende ordnungsgemäß. Während die Städter, allen voran Hausler und seine ehemalige Geliebte, wegen ihrer Gewandung das „grüne Fräulein“ genannt, verderben.

Sozialkritische Elemente im Landroman

Aber auch das sozialkritische Element ist eher durch die enthusiasmisierte Leseraugen zu entdecken: Mit dem Begriff „Weltgift“ meint Rosegger die „Verdorbenheit“ der Städte, die ländlichen Tugenden entgegengesetzt wird, die aber auch schon auf das Land zugreift:

„Es ist bekannt, daß im Landvolk das Ideal vom Guten mehr gilt, als das vom Schönen. Je ursprünglicher ein Volk, je mehr lebt es in der tüchtigen That, je weniger hat es mit der Kunst zu schaffen. Je mehr ein Volk sich verfeinert, um so mählicher entfernt es sich von dem Begriff Tugend, um so mehr nähert es sich dem, was man unter Brüdern Kunst nennt. In den Städten macht Tugend niemand mehr Freude, nur wenigen Ehre, sie ist verachtet wie eine altväterische Sache, und an ihre Stelle ist vielfach der Schönheitssinn getreten.“

Das ist das Problem dieses Romans: Man könnte in ihn alles Mögliche hineindeuten. Wenn einer der Bergbauernbuben, in der Stadt zum Mediziner herangebildet, seine Philosophie des Übermenschen, die Züge der Euthanasie in sich trägt, auspackt – dann weiß man nicht, soll es einen gruseln oder ist dies ironisch verpackte Zeitkritik. Vieles davon würde sich nur mit einer eingehenderen Beschäftigung mit der Biographie des Schriftstellers klären – dafür jedoch spricht mich dessen Werk wiederum nun doch nicht stark genug an.

Das Werk des einstigen Volksschriftstellers wird heute, so ließ ich mir sagen, allenfalls noch im österreichischen Fernsehen durch verkitschte Verfilmungen vermittelt. Jö schau – das ist allerdings auch nicht schön: Denn durch seinen eigenartigen Humor, der immer wieder zwischen den Zeilen herausspringt, vermittelt Rosegger durchaus, zumindest in „Weltgift“, dass da was Widerspenstiges in ihm lauert. Und diese feine Ironie wiederum macht den Roman durchaus als „Schmankerl“ lesenswert.


Bibliographische Angaben:

Peter Rosegger
Weltgift
Septime Verlag
ISBN: 978-3-902711-59-5

Jürgen Bauer: Ein guter Mensch

„Ein guter Mensch“ ist ein fesselnder Roman, der zeigt, wie extreme Klimaänderungen auch zu extremen Verhaltensänderungen führen. Eine hellsichtige Dystopie.

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Bild: (c) Michael Flötotto

Berger zieht seine Augenbrauen zusammen, bis sie sich über der Nase beinahe berühren. „Ein kurzer Tag, und schon habe ich keine Ahnung mehr, wer du eigentlich bist.“
„Du übertreibst mal wieder maßlos.“ Marko lacht trocken. „Hättest du ihr denn wirklich Wasser gegeben?“
„Wahrscheinlich“, sagt Berger. „Manchmal braucht man doch das Gefühl, dass man jemanden helfen kann, oder nicht?“
Ein Tankwagen brettert an ihnen vorbei, ohne zu bremsen. Die Druckwelle bringt die ganze Fahrerkabine zum Vibrieren.
„Wir helfen, so gut wir können. So gut wir dürfen“, versucht Marko den Lärm zu übertönen. „Ich bin doch trotzdem ein guter Mensch?“
Berger legt den Kopf schief: „Klar. Sind wir doch alle.“

Jürgen Bauer, „Ein guter Mensch“

Der dritte Roman von Jürgen Bauer ist wahrhaftig höllisch heiß. Schweißtreibend. Und bringt die Gehirnwindungen zum Kochen: Was wäre, wenn es wirklich so wäre? Bliebe man selbst „ein guter Mensch“?

Die Erzählung ist in einer unbestimmten Zeitebene angesiedelt, sie könnte in unserer Gegenwart ebenso wie in einer nicht allzu fernen Zukunft handeln. Der Rahmen: Es regnet nicht mehr in einem großen Teil der Welt. Noch verfügt das Land, in dem der Roman spielt, über Wasserreserven – doch das kostbare Element wird immer knapper. Wer die Mittel hat, flüchtet sich in die nördlichen Regionen der Welt, die anderen bleiben. Zudem kommen Flüchtlinge aus dem Süden, in dem die Trockenheit noch weitaus katastrophaler ist, in das Land. Immer mehr Menschen müssen versorgt werden. Verteilungskämpfe beginnen.

Mit dem Wasserpegel sinkt die Solidarität

Mit der Hitze steigen die Aggressionen, der Neid, das Misstrauen, die Zahl der Toten. Mit dem Wasserpegel sinkt die Solidarität, der Zusammenhalt, ein Gemeinschaftsgefühl. „Die Durstigen“ – obdachlose, versprengte Menschen – schneiden sich die Pulsadern auf, um wenigstens einige Tage ins Krankenhaus und damit an Wasser zu kommen. Flüchtlinge werden in menschenunwürdige Lager eingepfercht. Und begleitend zu alldem formiert sich eine ominöse Bewegung, „Die dritte Welle“. Junge Leute, die dem vermutlichen Ende der Welt mit öffentlich zelebrierten Wasserspielen begegnen, die jeden Tropfen bewusst verschwenden, als sei noch genug für alle da. Das provoziert, das reizt – und bringt die angespannte Stimmung zum Übersieden.

Inmitten dieser Gemengelage steht Marko – ein guter Mensch? Scheinbar ja: Er trauert seiner Ehefrau nach und bleibt ihr treu, obwohl sie – gegen den Strom der Fluchtbewegung – zurück in den Süden ging, um bei ihren Eltern zu sein. Er ist für seine Freunde da, kümmert sich um Jobs für sie, gibt ihnen Obdach, bietet seine Schulter zum Anlehen an. Er sorgt für seinen Bruder, einen alkoholkranken Landwirt und Einsiedler. Und als Lastwagenfahrer hat er sich in den Dienst der Sache gestellt, befördert in Tankwagen Wasser an Verteilungsstationen.

Extremes Klima

Doch mehr und mehr gerät auch dieses Leben außer Takt, ist sein inneres Thermometer extremen Schwankungen unterworfen. Als sich einer der „Durstigen“ vor seinen Wagen wirft und die Pulsadern aufschlitzt, als er ihr Wasser außer der Reihe verweigert hat (siehe Eingangszitat), kommen die ersten Selbstzweifel: „Ich bin doch trotzdem ein guter Mensch?“

Das Selbst- und Weltbild Markos erfährt zunehmend Risse, die so bodentief klaffen wie die Furchen im ausgetrockneten Boden.

„Ihr habt mir nichts getan, sagte Marko zu sich selbst. Gar nichts. Ich werde euch einfach ignorieren. Doch er schafft es nicht. Der Anblick der Jugendlichen stachelt ihn auf, setzt seinen Körper unter Strom. Er kann nicht anders, muss etwas unternehmen, ihr Treiben ist ihm unerträglich wie das markerschütternde Kreischen von Fingernägeln auf einer Tafel: Einfach nur weg damit, bevor es ihn in den Wahnsinn treibt.“

Wie Marko sich – bis zum überraschenden Ende – immer weiter von seiner eigenen Verortung entfernt, das erzählt Jürgen Bauer spannend, packend, mit einer unprätentiösen Sprache, die die Geschichte geschickt vorantreibt. Der gekonnte Wechsel zwischen prägnanten Dialogen und Erzählung und die Reduktion auf das inhaltlich Wesentliche tragen dazu bei, dass „Ein guter Mensch“ ein fesselndes Buch ist, das seinen philosophischen Unterbau – die Frage nach dem Wesen des Menschen an sich – geschickt in die Hirne seiner Leser platziert.

Hellsichtige Dystopie zum Klimawandel

Beim Lesen habe ich mich von fern an die Theorien von Locke und Hobbes erinnert gefühlt, an das berühmte „Homo homini lupus“ und den Krieg aller gegen alle, jedes Individuum eigensüchtig nur auf den eigenen Vorteil bedacht – bis hin zu jenen, die aus der allgemeinen Misere noch Gewinn erzielen wollen, Schwarzwasserhändler sozusagen.

Man kann den Roman als Dystopie lesen, als düstern Beitrag zum Klimawandel, man kann ihn als Psychogramm eines Mannes unter extremen Lebensumständen lesen, man kann das Buch aber auch als literarische Analyse aktueller gesellschaftspolitischer Entwicklungen deuten. Verteilungsangst, ob rational begründet oder nicht, ist wie ein ansteckender Virus – und treibt Menschen auf die Straße, beispielsweise gröhlend gegen Flüchtlinge hetzend, im schlimmsten Fall zu Gewalttaten schreitend. Wenn sich die Verhältnisse dann noch weiter zuspitzen: Zeigt sich dann, was ein „guter Mensch“ ist?

„Aber jetzt mal im Ernst. Was wirst du machen?“
„Das Kind bekommen und hoffen, dass Aleksander endlich erwachsen wird. Es wegmachen lassen. Es bekommen und im Wald aussetzen. Ich weiß es wirklich nicht.“ Sie steckt ihre Finger in den Krug Wasser und spritzt sich ein paar Tropfen ins Gesicht. „Es gibt sowieso schon zu viele Menschen. Auch so eine Weisheit von Aleksander. Wozu also noch einen auf die Welt bringen?“
„Vielleicht gibt es nicht zu viele Menschen“, erwidert Marko. „Sondern einfach nur zu wenig gute.“

Ein empfehlenswerter Roman. Ich empfehle jedoch, sich bei der Lektüre nicht allzu warm anzuziehen.

Informationen zum Buch:

Jürgen Bauer
Ein guter Mensch
Septime Verlag, 2017
ISBN: 978-3-902711-64-9

#MeinKlassiker (2): Jürgen Bauer über „Die Niederlage“

Für den Schriftsteller Jürgen Bauer ist ein Roman von Charles Jackson sein Klassiker: „Die Niederlage“ erschien 1946, ein Pendant zu Manns „Tod in Venedig“.

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Bild von S. Hermann & F. Richter auf Pixabay

Mit seinen beiden bisherigen Romanen „Das Fenster zur Welt“ (2013) und „Was wir fürchten“ (2015), beide erschienen im Septime Verlag, hat sich der Schriftsteller und Journalist Jürgen Bauer  eine treue Lesergemeinde geschaffen. Peter Pisa schrieb über „Was wir fürchten“ im Kurier: „Zur intensiven Literatur wird es. Zum österreichischen Geheimtipp des zu Ende gehenden Bücherfrühlings.” Mehr Information hält der Autor auf seiner Homepage bereit: http://www.juergenbauer.at/

Ich freue mich sehr, dass Jürgen uns hier seinen Klassiker-Geheimtipp vorstellt:

Charles Jackson: Die Niederlage (The Fall of Valor)

Seien wir ehrlich. Der sogenannte „Kanon“ ist meist die Entsprechung Donald Trumps in der Literaturszene: weiß, männlich, heterosexuell. Zwar hat man irgendwann akzeptiert, dass es da draußen auch noch andere Identitäten gibt – so genau kennenlernen möchte man diese jedoch nicht. Zugegeben: das ist überspitzt (aber nur ein wenig). Vielleicht sollte man deshalb im Kampf gegen eine solche Einschränkung statt von Literatur vielmehr von Literaturen sprechen. Eine dieser Literaturen ist jene, die sich mit queerem Leben auseinandersetzt und das weite Feld der LGBT-Identitäten zwischen zwei Buchdeckeln abbildet. Doch in Literaturlisten, Klassikeraufzählungen und Literaturkanons fehlen deren Meisterwerke fast immer. Dezidiert schwule oder lesbische Literatur? Fehlanzeige. Ganz allein ist die Literatur in diesem Scheuklappendenken nicht. „Wenn in einer Szenenanweisung steht: Ein Mensch betritt die Bühne, hat man automatisch einen weißen heterosexuellen Mann vor Augen“, hat der Regisseur René Pollesch einmal gesagt. Und zu Händl Klaus‘ Film „Kater“ titelte eine Zeitung vor kurzem: „Ein Menschenfilm, kein Schwulenfilm.“ Man versteht die Intention und denkt trotzdem: Sind Schwule denn keine Menschen? Gut gemeint – immer noch das Gegenteil von gut.

Tod in Nantucket

Charles Jacksons Roman „The Fall of Valor“, erschienen 1946, hat vermutlich auch aus diesen Gründen bis heute nicht die Aufmerksamkeit erhalten, die er verdient. Immer noch ist er weit weniger bekannt als Jacksons Alkoholiker-Roman „Das verlorene Wochenende“, dabei steht er diesem von Billy Wilder verfilmten Werk in Qualität, Stil und Kraft in nichts nach. Worum es geht? Um einen unglücklich verheirateten New Yorker Literaturprofessor, der im Kriegssommer 1943 Urlaub auf der Insel Nantucket macht und sich dort in einen jungen Offizier verliebt, sich jedoch erst nach und nach seinen Gefühlen stellt. Gefühlen, die im Amerika der Zeit verpönt sind. Ein gewagtes Thema also und einer der ersten in den USA publizierten Romane, der Homosexualität ganz zentral zum Thema macht und das Gefühlsleben seines Protagonisten ernst nimmt. Immerhin kannte der Autor sein Thema hautnah, haderte er doch selbst lange mit seiner Homosexualität. Schon als intime Seelenstudie ist der Roman also eine Wucht, doch Jackson geht darüber noch hinaus. „The Fall of Valor“ ist Zeitportrait, ist Auseinandersetzung mit Krieg und Tod, mit der Sehnsucht nach Jugend und Schönheit. Er ist die amerikanische Variante von Thomas Manns „Tod in Venedig“, quasi Tod in Nantucket. Ein Meilenstein also.

Ein Muss: schwul oder nicht

Und doch blieb der ganz große Erfolg bis heute aus, die Kritik der Zeit war sowieso gespalten. Zwar wurden um die 75.000 Hardcover-Exemplare und 291.000 Taschenbücher des Romans verkauft, doch zum Klassiker fehlt ihm schlicht die breite Bekanntheit. Erst 2016 erschien die deutsche Übersetzung von Joachim Bartholomae unter dem Titel „Die Niederlage“ beim Männerschwarm-Verlag. Nur zum Vergleich: Die Neuübersetzung von Jacksons „Das verlorene Wochenende“ im Dörlemann Verlag wurde von beinahe alle großen Zeitungen rezensiert. „Die Niederlage“? Meist Fehlanzeige, siehe oben. Dabei hat es dieser Roman verdammt nochmal verdient, endlich zum Klassiker werden. Warum? Weil er – ganz einfach gesagt –so geistreich-witzig und so berührend ist, dass er jede Leserschaft bereichert. Schwul oder nicht.

Jürgen Bauer
http://www.juergenbauer.at/