
In den Notizheften von Norman geht es kulturell überaus gepflegt zu: Beiträge über Bücher, Musik, Geschichte, Politik, überwiegend aus dem Bereich der klassischen Literatur, der Oper, es fallen unter anderem die Namen von Goethe, Thomas Mann, Max Weber, Fontane und anderen Geistesgrößen. Doch auch der Weg zur Hochkultur kann mit Schmonzetten gepflastert sein, wie Norman in der Beschreibung seiner literarischen Abwege zeigt:
Ich bekenne, als Kind und Jugendlicher alles Mögliche gelesen zu haben, aber keine bedeutende Literatur. Aus einfachen Verhältnissen stammend, war mein Lesehunger an sich für die Familie schon überraschend. Also las ich geschlechterrollenprägende Schneider Bücher – genau: Die Jungen von Schloß Schreckenstein – und das Gesamtwerk Karl Mays. Ich verschlang alles von Agatha Christie und sämtliche Schullektüren.
Dann lernte ich, dem Gymnasium sei Dank, Goethe und Schiller ebenso kennen wie Böll und Brecht, Günter Eich und Theodor Fontane, Emile Zola und Madame de Staël. Die Bücherregale in unserer Wohnung nahmen nun also auch Bücher solcher Autoren auf; dazu allerlei Historisches. Mit achtzehn Jahren subskibierte ich ein fünfzehnbändiges Lexikon.
Aber dazwischen standen eben auch Omas und Mutters Schmonzetten und – wohlverdiente! – Entspannungslektüren. Hier erinnerte ich mich, als Birgits Anfrage kam, sogleich an Susan Howatch, die dort mit „Die Erben von Penmarric“ und „Die Reichen sind anders“ bis heute vertreten ist. Das zweite ist eine Familiensaga mit reichlich Mondänität und dezent-direkten Sexanteilen, Liebe, Haß, Eifersucht, Gier, etc. Aber toll! Dachte ich zumindest früher mal. Ich weiß nicht, ob es mir beim Wiederlesen noch oder erneut gefallen würde. Möglicherweise nimmt man, älter geworden, andere Elemente stärker wahr, etwa den Erzählstrang über die Epilepsie der männlichen Hauptfigur, oder erkennt den Bezug zu Cäsar und Cleopatra.
Erstaunlich ist ja, daß mir sofort dieses Buch eingefallen ist, um es hier, unter dieser Überschrift vorzustellen. Allein um das herauszufinden, sollte ich das Buch noch einmal lesen. Dabei könnte ich dann auch überprüfen, ob es wirklich schlecht geschrieben, einfach nur Massenware oder vielleicht doch ganz gut ist.
Recherchen haben mir jetzt gezeigt, daß Howatch jahrzehntelang eine echte Produzentin von mehrbändigen Sagas, Zeit- und Sittenbildern war. Im Jahr 2012 wurde sie vom Hope College ausgezeichnet; auf der dortigen Seite findet man auch eine nette Würdigung.
Und hier geht es zu den Notizheften von Norman: http://notizhefte.wordpress.com/
Titelbild zum Download: Zirkus