MARTIN EBBERTZ: Ein Esel ist ein Zebra ohne Streifen

Ein Kultbuch für Kinder und Erwachsene wird 20 Jahre alt: Onkel Theo ist dank seiner liebenswerten Münchhausen-Geschichten ein kleiner Star. Das Jubiläum verdeutlicht auch, wieviel Ausdauer und Glück Autoren brauchen, um sichtbar zu werden.

Er ist zwar erst 20 Jahre alt, aber hat schon so einiges erlebt: An „Onkel Theo“, der beliebten Kinderbuchfigur von Martin Ebbertz, kann man das ganze Auf und Ab eines Autoren- und Verlegerlebens festmachen. Nun erscheint das beliebte Kinderbuch „Ein Esel ist ein Zebra ohne Streifen. Onkel Theo erzählt 44 fast wahre Geschichten“ anlässlich seines runden Jubiläums als Taschenbuchausgabe am 1. März 2024.

Die Lügengeschichten, die dieser liebenswürdige und amüsante Onkel Kindern erzählt, schrieb Martin Ebbertz bereits als junger Autor vor über zwei Jahrzehnten für den Rundfunk und für Lesungen mit Kindern. Bis die 44 fast wahren Geschichten jedoch als Buch erscheinen konnten, brauchte es einige Umwege und viel Geduld. Zunächst gab es für die Texte, trotz des Erfolgs mit ihnen bei Lesungen, von den Verlagen durchwegs Absagen: Man glaubte nicht, dass sich Kurzgeschichten für Kinder auf dem Buchmarkt behaupten könnten.

Als Martin Ebbertz jedoch einen großen Erfolg mit dem ursprünglich im Patmos Verlag erschienenen Buch „Der kleine Herr Jaromir“ (2002) verbuchen konnte, schien auch die Stunde für Onkel Theo gekommen. „Ich war plötzlich ein bekannter Kinderbuchautor“, so der gebürtige Aachener, der inzwischen bei Frankfurt lebt und arbeitet. Er fand einen Verlag und 2004 erschienen die ersten Geschichten von Onkel Theo als Buch. 

„Bei Lesungen verkaufte es sich wie warme Semmeln, aber im Buchhandel kam es nicht besonders an“, erinnert sich Ebbertz. Als der Titel nach zwei Jahren vom Markt genommen wurde, kaufte Ebbertz die Restauflage kurzerhand selbst auf. Und hatte Glück damit: Denn in derselben Zeit kletterte das Buch bei einem Onlinehändler auf Platz 4 der Bestseller im Kinderbuchbereich, landete zwischen Tintentod und Harry Potter. 

Zwar erschien Onkel Theo dann nochmals in einem Kinderbuchverlag, doch mittlerweile war aus dem Autor Ebbertz auch ein Verleger geworden. „Das hatte mich immer schon gereizt“, so Martin Ebbertz, der in seinem Verlag Razamba neben liebevoll illustrierten Kinderbüchern in der „edition razamba“ auch besondere Lyrikbände veröffentlicht, zuletzt „Das Mosaik der Nacht“, eine zweisprachige Ausgabe mit Gedichten der bekannten griechischen Schriftstellerin Ioulita Iliopoulou. Seit 2019 erscheint „Ein Esel ist ein Zebra ohne Streifen“ nun im eigenen Verlag und ist in der vierten Auflage angekommen: Ein wahrer Longseller und ein Kultbuch für Kinder.


Stimmen zum Buch:

»›So ein Quatsch‹, rufen die Kinder … Aber eine weitere Fast-Wahrheit wollen sie dann doch jedes Mal hören. Es macht einfach zu viel Spaß.« – Badisches Tageblatt
»Geschichten, die logisch klingen und doch das Gegenteil sind, verrückt und voller Witz« – Sylvia Schwab, FAZ
»Herrlich fantasievoll – ein moderner Baron von Münchhausen!« – Buchtipp im SR-Fernsehen

»So geht es Tag für Tag – die Kinder sitzen mit Onkel Theo auf dem Sofa, lauschen den Quatsch-Geschichten und wollen sie doch morgen wieder hören. Beim Lesen laut lachen – Onkel Theo macht’s möglich!«- Sabine Ertz bei Instagram

»Nun stelle ich mir vor, wie begeistert meine kleine Enkelin bei ihrem nächsten Besuch sein wird, wenn ich ihr die Geschichten vorlese und sie jedes Mal zum Schluss gemeinsam mit mir ausruft: „So ein Quatsch!“« – Heinz Bielstein bei Philipps kleines Universum

»Endlich gibt es die genialen Quatschgeschichten auch als Taschenbuch: Schließlich sollten jedem Kind Onkel Theos Weisheiten zugänglich sein!« – Tipp im Schulportal der Stiftung Lesen


Zum Buch:



Bibliographische Angaben:
Martin Ebbertz
Ein Esel ist ein Zebra ohne Streifen
Mit Bildern von Maria Lechner
Ab 8 Jahren
Taschenbuchausgabe:
ET: 1.3.2024
ISBN 978-3-941725-69-0
€ 7,00 [D) | € 7,20 {A]
Leseprobe und alle weiteren Informationen unter diesem Link:
https://www.razamba.de/esel-zebra-streifen/


Zum Autor:

Martin Ebbertz, geboren 1962 in Aachen, aufgewachsen in Prüm (Eifel), studierte in Freiburg und Münster Germanistik, Geschichte und Philosophie. Nebenbei war er Flohmarkthändler und Antiquar und trat auf mit dem literarisch-musikalischen Programm Gegen den Strich. Nach einem Jahr als Lehrer in Frankreich lebte er als freier Schriftsteller zunächst in Frankfurt am Main, dann fünf Jahre in Thessaloniki (Griechenland) und 15 Jahre in Boppard am Rhein. Seit 2015 lebt er wieder in Frankfurt. Martin Ebbertz schreibt für Kinder und Erwachsene. Er veröffentlicht im Hörfunk und in Literaturzeitschriften wie Am Erker oder Der Rabe. Einige seiner Bücher wurden mehrfach ausgezeichnet.


Kontakt zum Verlag:

Verlag Razamba
Martin Ebbertz
Wilhelmstr. 6-8
63065 Offenbach
Telefon 069 95015642
Email: info@razamba.de
www.razamba.de

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Hanns Heinz Ewers: Freche Fee und lustiger böser König

So morbide Hanns Heinz Ewers sich in seinen Werken für Erwachsene gab, so licht und leicht schrieb er für Kinder: Märchen, gegen den Strich gebürstet.

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Bild von Birgit Böllinger auf Pixabay

Heute wollen viele Mädchen wie Prinzessin Lillifee sein. Da wünschte man sich fast, die Eltern würden Hanns Heinz Ewers kennen und dessen Märchen. Und ihren Nachwuchs zur Abwechslung einmal damit vertraut machen. Pädagogisch klug wäre das freilich dann nicht, wenn man schon früh einen anpassungsfähigen Leistungsträger heranziehen will. Denn die Märchen dieses 1943 verstorbenen Kultautors, der heute leider beinahe vergessen ist, die sind gegen den Strich gebürstet. In diesen Erzählungen aus einem ganz eigenen Zauberkosmos spielt, tobt und regiert das wilde, ungebärdige, aber dennoch (oder gerade deswegen) ganz und liebenswerte Kind.

Verspielter Witz und unbegrenzte Phantasie

So morbide Hanns Heinz Ewers sich in seinen Werken für Erwachsene gab, so zauberhaft licht und leicht schrieb er für Kinder. Tatsächlich sind ja auch der Lustmord einer Schildkröte und andere Erzählungen nichts anderes als phantastische, exotische, überbordernde Märchen für Erwachsene. Und während dort die Lust am Übertreten von Grenzen eine „gefährliche“ Seite hat und mit Drogenexzessen, Vodoo und Orgien einhergeht, drückt sich dieses Grenzenlose in seinen Geschichten für Kinder durch eine schier unbegrenzte Phantasie und einen verspielten Witz aus, der diese Märchen zu einem echten Lesevergnügen macht.

Eines meiner Lieblingsstücke erzählt von der Ginsterhexe oder „Wie der Fasching entstand“:

„Denn die Schwester ihrer Urgroßmutter, die Prinzessin Johanna Nepomuca Hubertina hatte damals, als sie noch ein junges Mädchen war, durchaus keinen Prinzen heiraten wollen, und auch keinen Grafen und keinen Fürsten oder Herzog. Die seien ihr alle viel zu dumm, hatte sie gesagt und dann hatte sie den krummbeinigen Zauberer Kakerlak geheiratet. Das hatte natürlich einen großen Skandal im ganzen Lande gegeben, aber darum hatte sich die Prinzessin gar nicht bekümmert. Sie war einfach mit Kakerlaken durchgegangen, war mit ihm durch die ganze Welt gereist und hatte überall herumgezaubert. Der alte Zauberer, der gar nicht mehr erwartet hatte, daß ihn auf seine alten Tage noch so ein hübsches, junges Prinzeßchen heiraten würde, gewann sie sehr lieb und lehrte sie zum Dank alle Zauberkunststücke und Hexengeheimnisse, die es auf der ganzen Welt gab.“

Man sieht: Prinzessin Johanna Nepomuca Hubertina ist ein echter Eigensinn, ein Original. Und davon gibt es in den Ewers-Märchen einige, die den Leser durch mehrere Geschichten begleiten: Die widerspenstige Lise, die auf ihrer Reise durch die Milchstraße sogar die Engelchen in ihren Schabernack einspinnt, den etwas schnöseligen Otto Bender aus gutem Hause, der von „Underdog“ Joseph Quetschbüdel zu allerlei Abenteuern verführt wird und vor allem Josephs Großmutter, die die herrlichsten Geschichten kennt.

Hanns Heinz Ewers blieb selbst immer Kind

Trotz seiner Drogenabstürze und politischen Verwirrungen bis hin zur Anbiederung an die Nazis – irgendwie bleibt einem dieser Autor gerade durch solche Geschichten sympathisch, denn man merkt diesen Märchen an: Hanns Heinz Ewers war und schrieb selbst wie ein großes Kind, voller Abenteuerlust, voller Lebensfreude und Lust am Fabulieren. Und dieser Spieltrieb sowie die unersättlich erscheinende Neugier auf die Welt, die den erwachsenen Schriftsteller zwar auf unzählige Reisen führten, aber auch oft genug in die Bredouille brachten, dies hat etwas Kindliches, das er sich und seinen Lesern auch in seinen Märchen bewahrt. Freilich setzt er sich damit auch in Gegensatz zur Welt der Erwachsenen oder nimmt diese ironisch aufs Korn:

„Die Feenprinzessin las also „Neueste Nachrichten“ und da sie natürlich gern die neuesten Nachrichten aus aller Welt kennen lernen wollte, so las sie weiter. Sie erfuhr, daß ein Kind sich ganz schrecklich verbrannt hatte, weil es unvorsichtigerweise mit Streichhölzchen gespielt habe, und das tat ihr sehr leid. Sie erfuhr auch, daß ein neues Denkmal enthüllt worden sei und daß jemand eine Rede dabei gehalten habe, und das war ihr ganz egal. Und dann stand noch in der Zeitung, wie hoch der Weizen im Preise stehe und wie hoch der Roggen und was ein Schwein koste und was ein Ochse. Und das war ihr erst recht gleichgültig. Aber vom Feenland stand gar nichts in der dummen Zeitung, und darüber ärgerte sich die Prinzessin Bora, sie hätte so gern was über ihre Verbannung gelesen. Aber sie wußte schon, woher das kam: seit nämlich der Herr Purzel Minister von Avalon war, wurde die Zensur dort ganz außerordentlich streng geübt, und das ist auch der Grund, warum wir Menschen so wenig Nachrichten vom Feenlande bekommen können.“

Dass die Leser heute wieder mehr aus dem Feenlande des Hanns Heinz Ewers lesen können, ist auch einem Mann mit zu verdanken: Sven Brömsel, der auch mitverantwortlich für den Band „Lustmord einer Schildkröte“ bei der Anderen Bibliothek war, ist ebenfalls Herausgeber von „Freche Fee und lustiger böser König“. Das Buch mit den Ewers-Märchen, die damit nach fast 100 Jahren erstmals wieder aufgelegt wurden, erschien in der schönen, liebevoll gemachten Reihe „Literarische Kunststücke“ (die auch andere literarischen Schätze, u.a. von Paul Heyse und Jean Paul zu bieten hat) beim Verlag Ripperger & Kremers und sei jedem mit Kind im Herzen an dasselbe gelegt.

Nachwort von Sven Brömsel

Den Eindruck, hier schrieb das Kind im Manne, bestätigt Sven Brömsel in seinem fachkundigen Nachwort:

„Das Äußre ist ein in Geheimnißzustand erhobenes Innre – Die Novalis-Sentenz könnte als Motto für Hanns Heinz Ewers` gesamtes Schaffen dienen. Seine Märchen sind für die Zeit zwischen 1902-1905 sehr unprätentiös und bestechen noch heute, jenseits höherer Moral und politischer Korrektheit mit Charme und Lässigkeit. Und wirklich, der Dichter ist sein Leben lang – wie die Kunstfigur Jupp Quetschbüdel – ein Lausebengel geblieben.“

Gute Aufsätze, aber schlechte Manieren, ein renitentes Wesen, Schulverweis, Jurastudium und Ausflüge in die Halbwelt, Festungshaft und Studentenverbindung, Rauswurf wegen Faulheit und Impertinenz aus dem Staatsdienst, Varietékünstler, Schriftsteller, Frauenheld, Filmschaffender, Weltreisender und Skandalautor: Der Ewers hat beileibe nichts ausgelassen. Und alles ausgekostet – bis zur bitteren Neige, wie Sven Brömsel schreibt.

„Der gefeierte Autor, Filmemacher, Myrmekologe, Freund sphärischer Musen und realer Drogen hatte die Sinne für Tagespolitik verloren und glaubt, nunmehr 60-jährig mit einem Horst Wessel-Roman reüssieren zu müssen. Zum ersten Mal versucht er sich, mit seiner Kunst anzubiedern – und es wird ein miserables Werk. Aber es ist nicht schäbig genug, um den Nazis zu gefallen, denn es wird, neben seinen ganzen wundervollen Büchern, die auf dem Scheiterhaufen verbrannt werden, verboten. Der magische Erzähler Hanns Heinz Ewers ist nun ein aus seiner Märchenwelt derb erwachter Autor und stirbt 1943 vereinsamt in Berlin.“

Erzählerisches Talen von der Mutter geerbt

Das Märchenerzählen lag Hanns Heinz Ewers im Blut. Das Talent hat er von der Mutter, der er mit Johanna Nepomuca Hubertina unverkennbar ein literarisches Denkmal setzte. Ihr, der Märchenerzählerin, half HHE schon in frühen Jahren aus, geriet sie ins Stocken – seine Phantasie versiegte offenbar nie. Sein Freund Erich Mühsam schrieb 1904 über ihn, er habe eine neue Ära der Kinderliteratur eingeleitet:

„Im Gegensatz zu allen anderen Kinderbüchern vereinigt es die Anschaulichkeit, den plastischen Stil, die behagliche Vertrautheit, die notwendig ist, um sich dem Kinde verständlich zu machen mit einer erquickenden Phantasie, einem entzückend naiven Humor, und einem prachtvollen Verständnis für alles das, was das Leben in der Kinderseele pulsieren lässt.“

Ewers veröffentlichte zwischen 1901 und 1923 zahlreiche Märchenbücher. Für den vorliegenden Band wurden vor allem Geschichten aus den Jahren bis 1905 ausgewählt. Der Verlag ließ diese von Elena Zjazeva neu illustrieren.

Informationen zum Buch:

Hanns Heinz Ewers
Freche Fee und lustiger böser König
Ripperberger & Kremers Verlag, 2014
ISBN: 978-3-943999-174