James McClure: „The Steam Pig“ und „The Song Dog“

James McClure schrieb seine Krimis über Südafrika im britischen Exil – düstere Abbilder einer Gesellschaft, geprägt von Apartheid und Gewalt.

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Bild von cocoparisienne auf Pixabay

„Einer sagte, Captain Bronkhorst fürchte wohl, schlecht dazustehen, falls er die Person nicht dingfest machen konnte, die für die Explosion verantwortlich war. Aber später sagte Mtetwa, der Bantu-Sergeant, nein, das sei es nicht. Er hätte mit einem früheren CID-Kollegen in Trekkersburg gesprochen und gehört, Captain Bronkhorst sei mit einer sehr wichtigen Ermittlung betraut und müsse der Sicherheitspolizei helfen, einen gewissen Bantu namens Nelson Mandela zu finden.

„Wen?“, fragte Kramer.

„Ach, irgend so ein Xhosa“, sagte Zondie mit einer abfälligen Geste, die besagen sollte, dass der Betreffende einem niederigen Stand angehörte.“

James McClure, „Song Dog“

Man muss nur wenige Kapitel dieses Thrillers lesen, um zu verstehen, warum der Journalist James McClure (1939 – 2006) sein Heimatland Südafrika 1965 verlassen musste: Frech, rotzig, düster und direkt sind diese Kriminalromane um den weißen Ermittler Kramer und seinen afrikanischen Kollegen Zondie, die McClure ab den 1970er-Jahren im britischen Exil schrieb.

Thriller aus Südafrika

Acht Thriller entstanden in dieser Reihe, die beim Züricher Unionsverlag ieder veröffentlicht wurden. Herauszuheben sind insbesondere das erst 1991 verfasste Prequel zur Serie, „Song Dog“ und der erste, bereits 1971 erschienene Thriller „The Steam Pig“. Beide Krimis sind äußerst temporeich, spannend konzipiert und mit nicht wenig Ironie ausgestattet – vor allem aber sind sie zwar nicht offensichtlich politisch und enthüllen doch den Irrsinn und die Abartigkeit des Apartheidsystems ganz klar. Selten, dass wie im obigen Zitat, direkte Anspielungen auf das Zeitgeschehen und den ANC-Widerstand zu lesen sind – und dennoch wird verständlich, warum einer wie McClure dem Regime ein Dorn im Auge war.

Der Schriftsteller selbst äußerte sich in einem Interview dazu einmal so:

„Alle meine Bücher sind spezifisch südafrikanisch. Ich kenne andere ›südafrikanische‹ Krimis, die überall auf der Welt spielen könnten. Ich aber wollte so vielen Menschen wie möglich vermitteln, wie hier die Zustände sind – in Südafrika. Eines Abends sah ich im Fernsehen, wie die Kriminalliteratur als das konservativste, aber auch das meistgelesene Genre beschrieben wurde. Da kam mir die Idee, selbst Krimis zu schreiben. Ich wollte ein wirklich weitreichendes Medium nutzen. Hinzu kam, dass die Polizei sich in allen Ebenen der Gesellschaft bewegt. Der Krimi kann zwischen allen gesellschaftlichen Schichten und Gruppen wechseln – in einem Roman geht das nicht so einfach. Ich habe mich also sehr bewusst für die Form des Kriminalromans entschieden.“

Das Interview findet sich auf der Seite des Unionsverlag zu McClure.

Lakonischer Einzelgänger trifft auf Sinatra-Fan

In „Song Dog“ trifft der Ermittler Tromp Kramer, ein lakonischer Einzelgänger mit unkonventionellen Ansichten und Vorgehen, erstmals auf Zondi, seinen späteren Compagnon. Auch Kramer ist ein Kind seiner Gesellschaft: Zunächst erscheint ihm der Afrikaner, der im Frank Sinatra-Outfit umherspaziert, schon aufgrund seiner Hautfarbe und seines Auftretens verdächtig. Der Fall – eine Ermittlung über einen Polizistenmord – schweißt die beiden zusammen, gegenseitiger Respekt entsteht.

Wie sehr das System die Menschen korrumpierte und erniedrigte wird in „Steam Pig“ noch weitaus deutlicher: Eine junge Frau, die aufgrund ihrer weißen Hautfarbe inmitten der Gesellschaft leben konnte, ist nicht das, was sie erschien – und bezahlt dafür mit ihrem Leben.

Eine kranke Gesellschaft während der Apartheid

Korrupte Polizisten, unfähige Ermittler, erpressbare Stadträte, scheinheilige Moralapostel: James McClure zeichnet in seinen Thrillern das Portrait einer kranken Gesellschaft, eines Landes, das kurz vor der Explosion steht – weil die Gier der Machthabenden alles Ertragbare übersteigt.

Thomas Wörtche stellte die beiden Bücher bei Deutschlandradio Kultur vor:

„Auch die Fälle der beiden kommentieren die südafrikanischen Verhältnisse mit bitterer Präzision: In „Song Dog“ geht es um zweckrationale Morde von Weißen an Weißen, wobei man an höherer Stelle lieber die moralische Verworfenheit der Beteiligten als Motiv gesehen hätte; in „Steam Pig“ ist der Auslöser einer menschlichen Tragödie die „Zurückstufung“ des Opfers, einer jungen, begabten Frau, die nach langen Jahren des Lebens als Weiße zur „Schwarzen“ erklärt wird. Der anti-moderne Puritanismus des Landes, die grotesken und bizarren Situationen, die entstehen, weil man Schwarze und „Farbige“ als unsichtbar, bzw. fast nicht existent betrachtet, spielen eine ebenso entscheidende Rolle wie die Brutalität, mit der solche Verhältnisse durchgesetzt werden. Kramer und Zondi kommentieren all das nicht, nur ihre Handlungen sind entsprechend subversiv.“

Informationen zu den Büchern:

James McClure
Song Dog
Unionsverlag Zürich
Übersetzt von Erika Ifang
Taschenbuch, 352 Seiten
ISBN 978-3-293-20742-4

James McClure
Steam Pig
Unionsverlag Zürich
Übersetzt von Sigrid Gent
Taschenbuch, 320 Seiten
ISBN 978-3-293-20743-1