STROUX EDITION: Die göttlichen Kindchen auf der Hotlist

Seit heute läuft das Online-Voting zur Hotlist 2023: Das Publikum kann mit darüber abstimmen, welche Bücher aus unabhängigen Verlagen in die Endrunde der letzten zehn kommen. Mit zur Auswahl steht “Die göttlichen Kindchen” aus der Stroux edition.

Große Freude bei der STROUX edition: Dass “Die göttlichen Kindchen” von Tatjana Gromača ein besonderes Buch ist, das wusste Verlegerin Annette Stroux bereits, als sie sich entschloss, die deutsche Übersetzung durch Will Firth zu verlegen. Nun steht der preisgekrönte kroatische Roman auch zur Auswahl bei der Hotlist 2023 – und die Leserinnen und Leser können mitentscheiden.


Die Pressemitteilung der Hotlist:

“Der Wettbewerb der Independents findet in diesem Jahr zum 15. Mal statt. 196 unabhängige Verlage aus dem deutschsprachigen Raum haben sich mit einem Buch um einen Platz auf der HOTLIST 2023 beworben. Zehn Mitglieder des Kuratoriums haben die eingereichten Titel geprüft und dreißig Hotlist-Kandidaten ermittelt. Nun nimmt die diesjährige Fach-Jury ihre Tätigkeit auf, aber bei der Wahl der „Zehn aus Dreißig” ist auch das Publikum gefragt: Drei der zehn Titel auf der Hotlist 2023 werden wie immer online entschieden.

Das Online-Voting startet heute. Bis inklusive 27. August können alle Interessierten ihre Stimme auf der Website der Hotlist abgeben und damit die Hotlist 2023 mitgestalten. Im Vorjahr gab es 3754 abgegebene Stimmen.

Alle 30 zur Wahl stehenden Verlage und Titel können hier (Link) eingesehen werden.”


Alle Infos zu “Die Göttlichen Kindchen” bei der Hotlist finden sich hier. Insgesamt zeigt die Hotlist 2023 wieder einmal mehr, welche großartige Vielfalt die unabhängigen Verlage bieten. Gerade in diesen sehr schwierigen Zeiten für die Verlagslandschaft ist die Hotlist sehr wichtig, schafft Sichtbarkeit für Bücher, die mit besonderem Anspruch und Leidenschaft gemacht werden. Und auch wenn ich allen teilnehmenden Verlagen die Daumen drücke, so schlägt mein Herz als Pressefrau der STROUX edition natürlich besonders für “Die göttlichen Kindchen”.


Ein Beitrag im Rahmen meiner Pressearbeit für den Verlag

Arno Tauriinen: Goldgefasste Finsternis

Ein außergewöhnlicher Roman, skurril, absurd und fantasievoll: Das Debüt von Arno Tauriinen, kongenial illustriert von Max. P Häring. Was für ein Spektakel!

Taurinnen
Bild: (c) Michael Flötotto

„Folge mir“, sagt Luciver und nimmt den Alten unter den Arm, „gehen wir erst einmal etwas trinken – ich kenne ein feines kleines Lokal, unter Straßenniveau, Holzfußböden, raunzige Bedienung und ruhige Beleuchtung … Wein aus den Jahren vor dem letzten Krieg … Da setzen wir uns hin und trinken ein gutes Glas. Der Hofmannsthal ist übrigens auch da, der Altenberg ist bestellt, will auch kommen, wenns ihm möglich ist … Der Grillparzer hat sich schon einen Rausch zusammengetrunken und bestimmt spielen uns ein paar Mozarti eine hübsche Musik …“
„Der Hofmannsthal, der Grillparzer“, stutzt der tote Dichter verblüfft, „die sitzen da im Lokal?“
„Wo sollten sie sonst sitzen“, wundert sich der Teufel über so viel Ungläubigkeit, „in der Hölle etwa?“

Arno Tauriinen, „Goldgefasste Finsternis“


Shakespeare hat es auf den Punkt gebracht: „Die ganze Welt ist Bühne. Und alle Fraun und Männer blosse Spieler. Sie treten auf und gehen wieder ab, sein Leben lang spielt einer manche Rollen durch sieben Akte hin.“

Doch wer entscheidet, ob wir die Hauptrolle in einer Tragödie spielen, einen bloßen Nebenpart in einem seichten Dramolett haben oder gar prädestiniert sind für das Varieté? Ist Gottvater der große Strippenzieher oder doch sein missratener Sohn, der Höllenhund? Im Fall des Falles wünscht sich mancher insgeheim wohl doch eher Lucifer als Intendanten – da kann im Stück zwar manches höllisch daneben gehen, aber zumindest wird es nicht fad, bis der große Vorhang fällt.

Eine spektakuläre Geschichte

So geschieht es in „Goldgefasste Finsternis“: Ein im positivsten Sinne irres, wahnwitziges, spektakuläres Buch voller Überraschungen, Kapriolen, unvermuteten Volten, bis die Schwärze sich am Ende auch über Lucifer senkt. In diesem „Luftschloss in Prosa“ (so der Untertitel) verwandelt das Theatergenie Lucius Onagre die ganze Welt in ein Theaterstück. Sein Werk “Basilisk” breitet sich über den gesamten Globus aus, vereinnahmt ihn gewissermassen, Mensch, Tier und Fabelwesen werden einverleibt, das ganze Leben wird zum Spiel.

„Zu lange schon.
Zu lange schon ging das alles.
Gott, der in einer kleinen Loge weit über allem
Treiben zur Rechten seines zweiten Sohnes sitzt,
weiß nicht, wie er sich wachhalten soll …

Zu müde ist er von allem Weltentheater, für das man ihm an diesem Abend auch noch ein Billett aufgeschwatzt hat, und nichts von dem, was sich seinen Augen bietet, ist neu, zumindest nicht für ihn.“

Das Spiel des Lebens, das ist hier die Geschichte von Gott und seinem abtrünnigen Sohn, jener Luciver, der mit dem Spektakel eigentlich nur eines will: Die Liebe und Anerkennung seines Vaters. Viel Lärm um nichts? Beileibe nicht! Wer absurde, verspielte Geschichten in der Tradition beispielsweise eines Herzmanovsky-Orlando mag, wer Sinn hat für phantastische Kapriolen und eine Sprache liebt, die geprägt ist von diesem schwarzhumorigen-melancholischen Humor, den vor allem die Wiener beherrschen, der wird diesen Roman goutieren. Zumal neben den eingangs erwähnten Kaffeehausliteraten auch noch Freud und etliche andere Prominente ihren Gastauftritt auf dieser Bühne haben. Angesiedelt in der fiktiven Stadt W., erzählt von einem dritten Mann, glänzt W. alles andere als gülden:

„W., du schöne und ewige Dalle für jenseitssüchtige Verbrecher, Mörder, Lüstlinge, Schabernakkreisende, Physiker und Säulenheilige, Irrwische und Schauspieler, vor allem aber Stadt der vielen Theater, in denen das Volk sich von Tagesanbruch bis in die späte Nacht das Herz aus dem Leib reißt und anderem Volk zum Fraß vorwirft. Stadt, in der alles, was nicht gesagt werden darf auf Litfaßsäulen und Plakatwänden erscheint … und doch niemals gelesen wird.“

Nun, ich kann nur empfehlen: Lest diesen Roman! Und schaut und staunt: Die Reise durch die goldgefasste Finsternis wurde kongenial illustriert von Max P. Häring, dessen Stil und Sinn für Phantastik wie geschaffen scheint für dieses Welttheater in Prosa. Für „Topalian & Milani“ stattete er bereits den ebenfalls wunderschönen Band „Die römische Saison“ von Lutz Seiler mit seinen Zeichnungen aus.

Bleibt am Ende, bevor der Vorhang sich senkt, nur noch die Frage nach dem eigentlichen Strippenzieher: Denn Arno Tauriinen, der so wenig österreichisch anmutende Name, ist ein Pseudonym. Dahinter versteckt sich, so der Verlag, ein in Wien geborener Neurologe, der Raubtierzähne, vertrocknete Kakteen und alte Bücher sammelt. „Goldgefasste Finsternis“ sei sein erstes veröffentlichtes Buch, ein „Exzerpt aus vielen hunderten Notizen, Zetteln und Typoskripten.“ Ich habe da zwar eine Vermutung – doch möge das Pseudonym lange ungelüftet bleiben, die Geschichte um Arno Tauriinen ist zu gut, wahr oder nicht.


Bibliographische Angaben:

Arno Tauriinen
Goldgefasste Finsternis
Topalian & Milani, 2017
ISBN 978-3946423119