
Als die alte Welt vor Hass zu lodern beginnt, ist auch er zur Flucht gezwungen: Stefan Zweig, einer der Verfechter des europäischen Gedankens, verlässt 1935 Salzburg. Auch England ist nur Zwischenstation, 1940 emigriert er mit seiner Ehefrau Lotte nach Brasilien.
Am 14. Juni 1940 schreibt Stefan Zweig in seinem Tagebuch über die bürokratischen Schwierigkeiten, die ihm die Ausreise von England nach Südamerika bereitet:
„Ich habe nicht das Mindeste erreicht, weiß heute nicht, was wird, ob und ob überhaupt (,) habe nur Zeit verloren, Nerven verbraucht, nicht eine Minute etwas Vernünftiges denken können. Dazu die lähmend(en) Nachrichten – die Hakenkreuzflagge auf dem Eiffelturm! Hitlersoldaten als Garde vor dem Arc de Triomphe. Das Leben ist nicht mehr lebenswert. Ich bin fast 59 Jahre und die nächsten werden grauenhaft sein – wozu alle diese Erniedrigungen noch durchmachen.“
Stefan Zweig, Tagebücher, Ausgabe S. Fischer Verlag, 1984
Aber auch dort, in der „Neuen Welt“, ist für ihn kein Bleiben mehr – im Februar 1942 scheidet er mit seiner Frau aus dem Leben.
Paul Zech, langjähriger Vertrauter des Schriftstellers, der selbst nach Südamerika geflüchtet war, erinnert sich:
„Wollen wir doch nicht vergessen, dass Stefan Zweig in den beiden letzten Jahren der Emigration mehr gelitten hat, als in den vorhergehenden Jahren seines Lebens überhaupt. Er wurde die Dämonen nicht mehr los, die sich in sein Denken hineinbohrten und mit Fieberanfällen sein Blut unruhig machten, seine Nerven strapazierten und einen ruhigen Schlaf nicht mehr aufkommen ließen.“
Zweig hatte ihm gegen Ende seines Lebens geschrieben:
„Schließlich bin ich ja auch nicht zivilisationsmüde, aber müde dieses Schlachtens ohne Sinn, das kein Ende nehmen will. Es wäre dumm und verlogen, Dir nun zu sagen: Sei guten Mutes, es wird alles wieder besser werden. Nein. Wir brauchen einen ganz anderen Mut…“
Beide Zitate aus: „Stefan Zweig – Paul Zech, Briefe 1910 – 1942, Fischer Taschenbuch 1986
Verloren war die Welt von Gestern.
„Wir brauchen einen ganz anderen Mut!“ – dieses Zitat steht auch über der Ausstellung „Stefan Zweig – Abschied von Europa“, die 2015 im Literaturhaus München zu sehen war.