KRÖNER VERLAG: Wächst das Rettende auch?

Die Welt durchlebt gerade die größte Krise seit dem Zweiten Weltkrieg. Die Pandemie bedroht jede und jeden, immer und überall. Und überall wächst das Verlangen nach Rettung, nach medizinischen Lösungen, nach wirtschaftlichen Hilfen, nach Freiheit, Trost und Zuversicht. In dieser eigentümlichen und bedrohlichen Konstellation wird immer wieder auf Hölderlins berühmten Satz verwiesen: »Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch«. Doch welche Aussichten und Einsichten lassen sich aus Hölderlins Vers gewinnen, welche Erkenntnisse und Erfahrungen mit ihnen verbinden? Worauf baut die Zuversicht, worin ist die Hoffnung begründet?

„Wächst das Rettende auch?“: Unter dem Vorzeichen dieses Hölderlin-Wortes riefen die Akademie für gesprochenes Wort und das PEN-Zentrum Deutschland im vergangenen Jahr zu einer literarischen Auseinandersetzung mit den individuellen und sozialen Dimensionen der Coronakrise auf. An dem anonym durchgeführten Wettbewerb beteiligten sich über 400 Autorinnen und Autoren aus dem gesamten deutschsprachigen Raum mit ihren Texten.

20 Texte wurden für die Anthologie „Wächst das Rettende auch?“, herausgegeben von Prof. Dr. Thomas Knubben, Prof. Uta Kutter und Hubert Klöpfer im Alfred Kröner Verlag, ausgewählt, darunter wurden sechs Hauptpreisträger besonders ausgezeichnet.

Die Hauptpreisträger sind Ruth Erat (Arbon/Schweiz), Christina Müller (Weimar), Ralf Schwob (Groß-Gerau), Katrin Seglitz (Ravensburg), Simone Trieder (Halle/Saale) und Dierk Wolters (Eppstein). Mit Anerkennungspreisen ausgezeichnet wurden Dr. Norbert Autenrieth (Cadolzburg), Volker Demuth (Berlin), Günter Detro (Rheinbach), Pauline Füg (Fürth), Heribert Kuhn (München), Anke Laufer (Wannweil), Simone Scharbert (Erfstadt), Carolina Schutti (Innsbruck), Claire Walka (Hamburg), Susanne Neuffer (Hamburg), Bernd Watzka (Wien), Ozan Zakariya Keskinkilic (Berlin), Eva Christina Zeller (Tübingen) und Manuel Zerwas (Speyer).

Der ›Preis-Band‹ versammelt 20 Beiträge aus Deutschland, Österreich und der Schweiz – Essays, Gedichte, Erzählungen und dramatische Texte, die aus dem Inneren der Erfahrung berichten und über den Tag hinausweisen. Wer neugierig darauf ist, welche Chancen in der Krise Schriftstellerinnen und Schriftsteller sehen – für den lohnt ein Blick in das Buch: https://www.kroener-verlag.de/details/product/waechst-das-rettende-auch/

Stimmen zum Buch:

“Bringt der Band die Lösung der Preisfrage? Das wäre sicher zu viel verlangt, aber er birgt inspirierende Diskussionsgrundlagen für das große Thema unserer Zeit.” – Dorothee L. Schäfer, Schwäbische Zeitung

“Das sehr lesenswerte Kompendium einer literarischen Auseinandersetzung im Spannungsfeld von Gefährdung und Rettung.” – Wilhelm Triebold, Schwäbisches Tagblatt

“Eine passende Lektüre für die kommenden Tage. Allein schon der Anhang lohnt den Kauf.” – Hans Steiger, P.S. Zeitung

Michael Seehoff berichtet auf seinem Blog Lerchenflug über die Preisverleihung in Stuttgart.

Pressemitteilung im Auftrag Verlag/Akademie.

Ulla Hahn: Stechäpfel

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Bild von Hans Benn auf Pixabay

An die Freiheit

Goldne Freiheit, kehre wieder
In mein wundes Herz zurück,
Weck mir neue, heitre Lieder
Und entwölke Geist und Blick.

Komm und trockne meine Tränen
Mit der rosig-zarten Hand,
Stille meines Busens Sehnen,
Löse, was die Liebe band. (…)

Sophie Albrecht (1757 – 1840)

“Stechäpfel”, Reclam Verlag, Herausgeberin Ulla Hahn, 2008

Lange bin ich herumgeschlichen um dieses Buch. Nicht noch eine Gedichtanthologie, dachte ich, auch wenn sie mich reizt. Ich habe schon so viele Gedichte …

Und nun sind sie mir doch noch zugewandert die „Stechäpfel“, ein Tausch unter Bloggerinnen, und ich bin so froh darum.

Dies nicht nur, weil so wunderbare Frauen und Dichterinnen darin zu entdecken sind, die ich bislang noch nicht einmal dem Namen nach kannte. Neben den mir – schon von der Muttersprache her – vertrauten Hilde Domin, Rose Ausländer, Nelly Sachs und anderen, versammelt dieser Reclam-Band Poesie von Frauen aus allen Erdteilen und Epochen: Gedichte aus drei Jahrtausenden.

Des Hervorhebens würdig macht dieses Buch jedoch auch das Nachwort seiner Herausgeberin Ulla Hahn. Ihre Schwierigkeiten beim Zusammenstellen der Anthologie: So wenige Lyrikerinnen anderer Nationalitäten und Sprachen, die in das Deutsche übersetzt wurden. Ungarische Dichtungen aus fünf Jahrhunderten, gegenwärtige Dichtung aus Schweden, Frankreich, Mexiko: Ganze Bücher ohne weibliche Stimmen.

„Kaum etwas legt die marginale Rolle der Frau in der Literaturgeschichte so bloß wie ihr verschwindender Anteil in den Anthologien aller Herren Länder.“

Dass Gedichte von Frauen aus den letzten hundert Jahren in ihrer Auswahl ein Übergewicht haben, führt Ulla Hahn auch auf die Frauenbewegung zurück, „die für das Schreiben von Frauen, den Beruf der Autorin die entscheidenden sozialen Voraussetzungen schuf.“

Ein Zimmer für sich allein: Die sozialen Voraussetzungen mögen gegeben sein, meine ich, die gesellschaftlichen Umstände und vor allem die praktische Umsetzung hinken noch etwas nach – noch mehr als schreibende Männer müssen sich schreibende Frauen ihren Frei- und Schreibraum wohl immer noch erkämpfen.

Doch mehr noch als auf die Veränderungen bei den äußeren Bedingungen konzentriert sich Ulla Hahn auf die formale und inhaltliche Entwicklung weiblicher Lyrik. Insbesondere wenn es um eines der Kernthemen geht, die Liebeslyrik, die poetische Auseinandersetzung mit diesem weiten Feld, zeigt die feinsinnige, elegant schreibende Hahn einen wachen Blick, schält das wachsende Selbstbewusstsein der Frauen heraus, folgt dem Prozess der Entzauberung.

Jedoch:

„Das Unterwerfungsverhältnis ist aufgekündigt, die flehenden Gebärden und Demutsgesten vergangener Zeiten sind weitgehend verschwunden, geblieben ist – die Sehnsucht.“ 

Frauen, so schreibt sie, “bekennen sich zu ihrer Destruktivität, zu negativen Gefühlen, akzeptieren auch ihre dunklen Seiten (…). Frauen dürfen endlich ihre wahren Gesichter zeigen, alle, auch die unannehmbaren.” 

Und:

“Zurückerobert haben sich die Frauen in dieser Auseinandersetzung, das zeigt eine Vielzahl von Gedichten, die Lust am eigenen Körper. Es ist eine selbstbewußte Lust, eine Lust an sich selbst in stolzer Bejahung der eigenen Körperlichkeit.” 

Echte Stechäpfel eben: Giftig, heilsam, aphrodisierend, berauschend, sagenumwoben.

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