Literarische Ohrwürmer – die KiWi-Musikbibliothek

Florian Pittroff denkt an die Zeiten, als auch die Musik noch irgendwie besser war: Ein leicht sentimentaler Flashback mit der neuen KiWi-Musikbibliothek.

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Macht den Alltag bunter: Die KiWi-Musikbibliothek. Bild: Florian Pittroff

Gastautor Florian Pittroff hat sich die „KiWi Musikbibliothek“, eine neue Reihe bei Kiepenheuer&Witsch, angesehen und wurde dabei sogar ein wenig sentimental:

Man soll ja eigentlich nicht von den guten alten Zeiten sprechen. Aber manchmal lässt es sich nicht ganz vermeiden. Das waren noch Zeiten, als man eine LP aus dem Schrank zog, die Nadel auflegte und die Scheibe zu knistern begann und dann, dann kam zum Beispiel Nick Cave ft. Kylie Minogue mit „Where the Wild Roses Grow“. Sensationell, aber schon verdammt lang her.

„Wie war das mit den Toten Hosen, mit Take That oder Nick Cave? Wie geht es uns heute mit der Musik, ohne die damals nichts ging?“, schreibt Peter Praschl in der Welt. Und urteilt: „Man kennt das alles, es sind gängige Arten, über die Liebe zu reden – die kritische Würdigung, die anekdotengesättigte Erinnerung, die witzelnde Verteidigung des Guilty Pleasures, alles gut geschrieben, in Zeiten, in denen das Grundverhältnis zur Welt das Mäkeln ist, mag man Texte, die etwas mögen. Während man sie liest, wird man selbst wieder jung, schließlich hat man das ja auch mal erlebt, und erst fällt einem gar nicht auf, dass das in Wahrheit alles Nachrufe sind. „

Nagel auf dem Kopf getroffen. Heute ist das Musikgefühl mit Spotify und You Tube ganz anders, irgendwie verloren. Man kann immer alles zu jeder Zeit hören – aber ist es das? Die neue Buchreihe schafft da Abhilfe: Bekannte Künstlerinnen und Künstler schreiben über ihre Lieblingsmusik und ihre Lieblingssänger. Sie schreiben über das Musikgefühl, wie es mal war, quasi!

Das ist die Idee hinter der neuen Reihe KiWi MUSIKBIBLIOTHEK. Zum Start sind vier Bände erschienen: Tino Hanekamp über Nick Cave, Sophie Passmann über Frank Ocean, Anja Rützel über Take That und Thees Uhlmann über Die Toten Hosen.

Tino Hanekamp über Nick Cave

Seit einigen Jahren lebt Tino Hanekamp im tiefen Süden Mexikos. Als er die Chance bekommt, den Sänger und Schriftsteller Nick Cave in Mexiko-Stadt zu treffen, zögert er. Denn vor 15 Jahren gab es eine Begegnung, an die er sich ungern erinnert. Aber er macht sich auf den Weg, zwei Tage im Auto, mehr als 1000 Kilometer bis Mexico City, zusammen mit seiner Liebsten, die nichts über sein Idol weiß.

Der Song geht zu Ende und Ixtzel sagt: „Das hat so viel Kontraste. Diese dahingezupfte Musik, alles fällt (…) „Das ist sein Hauptprinzip beim Songtexte-Schreiben: Er nimmt zwei gegensätzliche Dinge, in diesem Fall den Weltschmerz und die Lust, und zwischen diesen Polen entsteht dann die Spannung, der Raum“.

Hanekamp erzählt Biographisches aus Caves Leben und seine persönliche Geschichte mit dem Songpoeten. Er schreibt locker, leicht und launig:

„Wir sitzen in einer Bar. Das Licht ist gedimmt, die Musik auch, es sind kaum noch Gäste da, und Ixtzel sagt: “Am schockierendsten fand ich die Wärme in seinen Augen.“ Wir trinken auf Menschen mit Wärme in den Augen.“

Am Ende trifft Tino Hanekamp sein Idol und alles wird gut. Aber so ist das eben mit der eigenen Lieblingsmusik: Sie steht auch für unsere besten Zeiten. Nick Cave spielt übrigens immer noch – soeben ist sein neues Album „Ghosteen“ erschienen.

Ein Beitrag von Florian Pittroff
Homepage: flo-job Büro


Mehr Information:

In den weiteren Bänden der KiWi-Musikbibliothek gesteht Anja Rützel ihre Tränen bei der Auflösung von „Take That“ ein, Thees Uhlmann verbindet mit den Toten Hosen ein Lebensgefühl, Freundschaft und Fußball und Sophie Passmann verbindet eine Phase ihrer Bipolarität mit dem Album „Blonde“ von Frank Ocean.

Weitere Informationen samt Playlist finden sich auf der Seite der KiWi-Musikbibliothek.


Und hier noch der Song zum Sonntag: