Joachim Ringelnatz: Trostworte an einen Luftkranken

Florian L. Arnold, selbst Schriftsteller und bildender Künstler wie Ringelnatz auch, widmet dem luftigen Dichter Joachim Ringelnatz das Buch „Trostworte an einen Luftkranken“. Er habe sich daran erfreut, „auf ringels musenroos reitend, eigenwilligste flug- und flatterapparate zu ersinnen“.

Bild von Birgit Böllinger auf Pixabay

Humorvolle Spinner

Spinnete Köpfe, gescheit und begabt,
Weil ihr einen Pieps, einen Vogel habt,
erlachen euch manche und meiden
Euch. Ich mag euch leiden.

Ein Piepvogel lebt so hoch und frei
Über den Filzlatschen der Spießer.

Der Spießer meint: Ein Bandwurm sei
Kein stiller Genießer.

Doch Spießermeinung ist nicht mal so wichtig
Wie das, was aus Piepvogel fällt.

Nur der, der im Kopf nicht ganz richtig
Ist, lebt sich und unterhält.


Aus „Flugzeuggedanken“, 1929, von Joachim Ringelnatz

Es ist, als habe sich Herr Ringelnatz in diesem Gedicht selbst portraitiert. Er war so ein wilder Vogel, ein Piepvogel, der hoch und frei lebte. Am Ende, schon todkrank, unter den Nationalsozialisten auch vogelfrei. Der Dichter, Maler, Bühnenkünstler, der vor allem von (und für) seinen Auftritten lebte, wurde von der Bühne verbannt, seine Bücher beschlagnahmt und verbrannt. Er starb, erst 51 Jahre alt, an den Folgen seiner Tuberkulose-Erkrankung am 17. November 1934.

In den guten Jahren – also auch 1929, als sein Gedichtband „Flugzeuggedanken“ beim Ernst Rowohlt Verlag erschien – war Ringelnatz ständig auf Reisen für seine Bühnenauftritte. Das brachte auch manches Flugabenteuer mit sich. Einige der schönsten Gedichte dazu sind in einer wundertoll illustrierten neuen Ausgabe erschienen: Florian L. Arnold, selbst Schriftsteller und bildender Künstler wie Ringelnatz auch, widmet dem luftigen Dichter das Buch „Trostworte an einen Luftkranken“. Er habe sich daran erfreut, „auf ringels musenroos reitend, eigenwilligste flug- und flatterapparate zu ersinnen“.

Mit „Trostworte an einen Luftkranken“ zeigen Arnold den großen Joachim Ringelnatz als Verehrer und augenzwinkernden Spötter des Flugwesens: „Man glaubt es kaum, aber Ringelnatz hat der Fliegerei und ihren komischen Ausuferungen einen großen Platz in seinem Werk eingeräumt.“ Ob es nun eine abenteuerliche Ballonfahrt, eine Fliege im Flugzeug, eine risikolustige Freundin am Seil in höchsten Lüften ist – Ringelnatz findet immer einen geistreichen Reim auf Ungereimtes. Und es erweist sich, daß seine Gedanken zu menschlichen Flugabenteuern auch beinah 100 Jahre nach ihrem Entstehen nichts an Witz und Gültigkeit verloren haben. „Im Gegenteil: Lest diese Texte, wenn ihr flugkrank oder Vielflieger seid, wenn ihr einen Fesselballon besitzt oder einen Zeppelin“, meint Florian L. Arnold augenzwinkernd.

Erschienen ist „Trostworte an einen Luftkranken“ in der neu gegründeten „Edition Hibana“, in der schmale Texte und eigenwillige Illustrationen ihren Raum finden werden. Ein Blick auf die Seite zeigt: Auch die Illustrationen zu den Ringelnatz`schen Luftkünsten sind grandios, einfach zum Abheben.

Als Augsburgerin freue ich mich natürlich besonders, dass auch die „Freiballonfahrt mit Autoverfolgung“ in der Auswahl ihren Platz fand: Denn, wenn „auf Augsburgs sonntagsbunten Flugplatz“ die Sonne lacht, machen wir eigentlich nichts anderes, als mit unseren Töff-töffs den freischwebenden, gasgefüllten Tieren nachzujagen. Das Beitragsbild beweist es: Ballon am Augsburger Rathaus, direkt von mir verfolgt.


Informationen zum Buch:

Trostworte an einen Luftkranken
Fluggedichte und -gedanken
Gedichte von Joachim Ringelnatz
Edition Hibana, Ulm, 2021
Mit Bildern von Florian L. Arnold
44 Seiten, limit. Edition, durchgehend farbig illustriert
ISBN: 978-3-9822910-7-9

Autor: Birgit Böllinger

Büro für Text&Literatur: Pressearbeit für Verlage, Autorinnen und Autoren, Literatureinrichtungen

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