Die Geburt der Magnolienfrau – Wie ein Memoir entstand

Wie entsteht ein Buch? Christiane Schlüter, Co-Autorin des Memoir „Die Magnolienfrau“, gibt Einblick in einen langen, intensiven Prozess.

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Bild von Free-Photos auf Pixabay

EIN GASTBEITRAG VON CHRISTIANE SCHLÜTER

Im vergangenen Sommer hörte ich erstmals von Christiane Schlüters Projekt und war sofort neugierig: Denn Christiane war deutlich anzumerken, welch tiefen Eindruck die Begegnungen mit Sabrina De Stefani und deren unglaubliche Lebensgeschichte bei ihr hinterlassen hatten. Über die Faszination für das Biographische hinaus löcherte ich sie jedoch auch mit weiteren Fragen: Wie aber bringt man dieses Leben in Buchform? Wieviel Arbeit steckt in so einem Projekt, was ist die Rolle der Co-Autorin? Ein wenig von dem Prozess vom Manuskript zum Buch habe ich so mitbekommen. Und mich daher auch mitgefreut, als ich das fertige Buch vor wenigen Tagen in Händen hielt: Weiß ich doch inzwischen, wieviel Arbeit darin steckt. Und ich freue mich sehr, dass Christiane Schlüter bereit war, meinen Bloglesern von diesem Prozess vom Manuskript zum Buch zu erzählen:

Am Anfang war eine Geschichte. Eine unglaubliche Geschichte, teils aufgeschrieben, im Rohzustand noch und ohne Verlag … Es war die Geschichte von Sabrina De Stefani, die als junge Frau in Indien ihre große Liebe gefunden, ihre innere Freiheit errungen hatte und dann in abgrundtiefe Gefahr geraten war.

Dank gut vernetzter Frauen fiel der Text in die Hände eines Verlages und bald darauf, zwecks Co-Autorinnen-Suche, in die Hände von Gerald Drews, meinem Agenten. „Unbedingt!“, sagte ich auf die Frage, ob ich daran mitarbeiten wolle.

Alle freuten sich.

Dann stellte sich der Verlag anders auf, die Geschichte passte nicht mehr hinein. Was nun? Was tun mit diesem Stoff, in dem ja nicht nur eine, sondern sogar viele Geschichten steckten? Die neuerliche Verlagssuche gestaltete sich als Arbeit am Projekt. Worum geht es wirklich? Um das Glück? Um die Liebe? Um die Freiheit? Zum Schlüssel wurde eine Szene aus der frühen Kindheit der Heldin: Wegen eines Rückenleidens im Gipsbett gefangen, hatte Sabrina mehrere Sommer lang unter einer Magnolie im Garten ihrer geliebten Großmutter gelegen und sich aus der Enge fort- und in den Blütenhimmel hinaufgeträumt. Sie war: die Magnolienfrau!

Wie wichtig doch ein Titel ist! Er bündelt die Geschichte. Ist er gefunden, dann ist im Keim das Buch schon da. Lässt er sich nicht blicken, steht das ganze Projekt noch in Frage.

Der Berliner Allegria Verlag, der zu Ullstein gehört, gab der „Magnolienfrau“ schließlich im Herbst 2016 ein neues Zuhause – mit der Programmchefin Karin Stuhldreier, die das Projekt zu ihrer Herzenssache machte, und mit vielen weiteren Unterstützern. Jetzt konnte das Buch wachsen. Es gab ja schon Text. Und es gab, wenige Monate später, rund 50 Sprachdateien: Interviews, in denen Sabrina De Stefani die ganze Geschichte noch einmal erzählt: Wie sie im Gipsbett lernt, innerlich aus ihrem Körper auszusteigen, sich wegzubeamen, hinauf in die blütenbestandene Baumkrone. Wie sie später, als junge Erwachsene, auf die Suche geht nach der einen großen Liebe, die ihr Nähe und Freiheit zugleich schenken wird …

Diese Suche führt die erfolgreiche Selfmade-Frau bis in den Himalaja, wo sie, an der Seite eines hinduistischen Krieger-Priesters, die entscheidenden Einsichten ihres Lebens gewinnt. Doch dann spinnen ihre Widersacher eine Intrige, und wieder wird sie eingesperrt: ins Tihar Jail, das größte Frauengefängnis Asiens. Wird sie sich und das Kind, das sie erwartet, retten können? Und wird sie ihre große Liebe wiedersehen?

In einem monatelangen Dialog zwischen Sabrina De Stefani und mir wuchs der Text. Jedes Kapitel entstand basierend auf dem Vortext oder einem der Interviews. Wurde hin- und hergeschickt, angereichert, gestrafft, zuletzt lektoriert und dann, während die nächsten Kapitel entstanden, wieder und wieder abgeglichen: Stimmt die Richtung noch? Der Erzählton? Die Kernaussage? Ist die Heldin erkennbar, verstehbar in ihrer Suche? Wird klar, was sie gefunden hat? Und stimmen – über den zeitlichen Graben hinweg – die Fakten?

Programmchefin Karin Stuhldreier war unsere erste kritische Leserin. Wo wir uneins waren, überließen wir ihr die Entscheidung. Ihr Lob spornte uns weiter an. Für Sabrina bedeutete diese Arbeit ein tiefes Eintauchen in ihre eigene Vergangenheit – und immer wieder die Begegnung mit ihrem Schreibtalent. Für mich bedeutete sie die Eroberung einer neuen, lebendigen Art zu schreiben.

Als nach vielem Ringen auch das Cover gefunden war, begann die Vorfreude auf das fertige Buch: Jetzt war etwas zu sehen. Dann kamen die Katalogvorschau, die Fahnen und immer noch Änderungen. Schließlich mussten wir loslassen. Der Verlag begann das Buch in Szene zu setzen.

Jetzt ist es erschienen, und Sabrina und ich schauen ihm voller Freude und Hoffnung nach. Wir wünschen ihm, dass es sich die Lesewelt erobert.

Christiane Schlüter

Christiane Schlüter ist Autorin und Journalistin. Sie verfasst Ratgeber, Sachbücher, Geschenkbücher, Memoirs und Reden und gibt Kurse in Autobiografie und Journalismus. Mehr Informationen über ihre Tätigkeiten gibt es hier: www.christiane-schlueter.de.

Informationen und eine Rezension zum Buch finden sich hier.

Autor: Birgit Böllinger

Büro für Text&Literatur: Pressearbeit für Verlage, Autorinnen und Autoren, Literatureinrichtungen

8 Gedanken zu „Die Geburt der Magnolienfrau – Wie ein Memoir entstand“

  1. Danke für diesen sehr interessanten Einblick! Und es stimmt: ein passender/packender Titel, der am besten gleich Assoziationen auslöst, kann unglaublich viel bewirken. Merke ich immer wieder an mir selber, was mir beim Stromern durch Buchhandlungen im Gedächtnis bleibt…

    1. Ja, als gelernte Journalistin weiß ich das – man feilt häufig länger am Titel als am kompletten Beitrag. Man kann wenig gutes über die „Bild“-Zeitung sagen, aber das können die dort: „Schlagzeilen“ basteln (wobei die inhaltlich natürlich kein Vorbild abgeben).

  2. Dank dafür! Ich hatte so lange nichts von Dir gelesen und Dich bereits vermisst… Lag es vielleicht an meiner Unaufmerksamkeit? Liebe Grüße, Wolfgang

    1. Lieber Wolfgang,
      das ist doch sehr aufmerksam, wenn Du mich vermisst 🙂
      Tatsächlich ist es hier etwas ruhiger und auf FB ganz ruhig – da habe ich mich verabschiedet und geniesse die gewonnene Zeit offline 🙂 Aber auf dem Blog gibt es nach wie vor, mehr oder weniger regelmäßig, Lesestoff. Liebe Grüße, Birgit

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