Dagrun Hintze: Ballbesitz

Dagrun Hintze verbindet Fußballanekdoten mit ihrem Leben: Sie erzählt von ihrer Liebe zum Fußball und von intensiven Begegnungen zwischen An- und Abpfiff.

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Bild: Florian Pittroff, https://flo-job.de/

Ein Gastbeitrag von Florian Pittroff

Ballbesitz ist im Fußball immer gut. Wer den Ball hat, der kann kein Tor bekommen. Ballbesitz von Dagrun Hintze zu haben ist auch immer gut, denn so ungefiltert kommt Emotion selten daher. Das knapp über 100 Seiten starke Büchlein ist voll mit starken Sätzen von und über den Fußball. Frauen und Männer, die sich für diesen weltweit beliebten Sport interessieren, kommen darin voll auf ihre Kosten. Frauen, die sich für Fußball interessieren sowieso und Frauen, die sich nicht für Fußball interessieren auch. Es ist so wunderbar leicht geschrieben. Einmal angefangen, kann man das schmale Bändchen fast nicht mehr weglegen. Für den männlichen Fußball-Enthusiasten gibt es viele schönen Momente und viele wunderbare „Aha Erlebnisse“. Hier seien nur „die Nacht von Belgrad“ erwähnt, in der Uli Hoeneß den entscheidenden Elfmeter in den Nachthimmel jagt und leider nicht ins Tor, Maradonas „Hand Gottes“ oder Oliver Kahns Biss gegen Dortmunds Heiko Herrlich.

Männer in der Bettwäsche von Borussia Dortmund

Dagrun Hintze schreibt aber nicht nur lapidar über Fußballanekdoten –  sie verbindet Fußballgeschichten mit ihren eigenen Geschichten. Sie erzählt von ihrer eigenen Liebe zum Fußball, von Männern, die in Borussia-Dortmund-Bettwäsche schlafen, und von intensiven Begegnungen, wie sie nur zwischen Anpfiff und Abpfiff möglich sind. Jeder, der sich auch nur ansatzweise für das runde Leder interessiert ist sofort mittendrin. Beispiel gefällig: Zugfahrt mit Hindernissen beim WM-Halbfinale zwischen Brasilien und Deutschland, „im Speisewagen macht sich Lynchstimmung breit“. Die Gefühlslage der Autorin kommen ungefiltert beim Leser an und das bereitet ungeheure Lesefreude.

Nach Jogi Löw: Höchste Unterhaltung!

Dagrun Hintze zieht auch immer wieder Parallelen zum Theater, zur Literatur und zur bildenden Kunst. „Die Feststellung, dass Fußball eine größere Nähe zu den Dionysien der griechischen Antike aufweist als die meisten Theateraufführungen, die ich besuche, mag eine Plattitüde sein, zutreffend ist sie dennoch. An der Ekstase teilhaben zu können, setzt allerdings zwei Dinge voraus: Wissen und Berührtsein“. Nagel auf den Kopf getroffen oder um in der Fußallsprache zu bleiben: Elfmeter versenkt! Das Buch schreit quasi nach Verlängerung! In diesem Sinne – frei nach Jogi Löw: „höchste Unterhaltung“.

Informationen zum Buch:

Dagrun Hintze
Ballbesitz
Mairisch Verlag, 2017
ISBN 978-3-938539-45-3

Über den Gastautor:

Florian Pittroff ist Magister der Literaturwissenschaften und Kunstgeschichte und arbeitet seit mehr als 25 Jahren als Journalist und Texter. Seine Buchbesprechungen waren unter anderem zu lesen im Kulturmagazin „a3kultur“ und im deutschsprachigen Männermagazin „Penthouse“.  Er verfasste Kulturbeiträge für das Programm des „Parktheater Augsburg“, war unter anderem verantwortlich für die Medien- & Öffentlichkeitsarbeit des kulturellen Rahmenprogramms „City Of Peace“ (2011) und die deutschsprachigen Slam-Meisterschaften (2015) in Augsburg. Florian Pittroff erhielt 1999 den Hörfunkpreis der Bayrischen Landeszentrale für neue Medien für den besten Beitrag in der Sparte Kultur.

www.flo-job.de

Autor: Birgit Böllinger

Büro für Text&Literatur: Pressearbeit für Verlage, Autorinnen und Autoren, Literatureinrichtungen

12 Gedanken zu „Dagrun Hintze: Ballbesitz“

  1. Je nach Blilckwinkel, im Eifer des Spielgefechts und bei dem Tempo auf dem Platz ist es selbst für Profis nicht immer sofort erkennbar, wann es nun ein Abseits war – dafür gibt es ja die Kameras. Du siehst, es hat gar nichts mit Verstehen zu tun 😉

    1. Ich hatte schon den Verdacht, dass es so ist … aber eher in die Richtung, dass das so eine uralte Männerverschwörung ist, so ein geheimes Ritual – Abseits rufen, ein bißchen hitzig diskutieren und dann ein neues Bier holen:-)

    1. Bei dem Essayband kannst Du mal ne Ausnahme machen – ich hab auch reingeschaut und fand es sehr unterhaltsam. Übrigens bist du damit das vollkommene Gegenteil von Wihelm Genazino – der meinte, er gehe wegen des „Erlebnisproletariats“ niemals nicht ins Stadion, schaut aber Fußball angeblich dauernd in der Glotze.

  2. Das mit dem Abseits ist ganz einfach: Im Abseits sind immer nur die anderen. Also die gegnerische Mannschaft. Und eins ist auch klar. Also klar wie Klosbrühe. Die gegnerische Mannschaft versucht es immer wieder mit Abseitsfallen. Aber darauf kann ja nur so ein bestußter Schiri heinfallen. Sowas würde uns nie passieren. Also: hätte der Schiri aufgepasst, dann hätten wir mindestens noch…, ach was sage ich, wir hätten den Sieg locker nach Hause getragen. Aber der Ball ist eben rund!

  3. Hallo Birgit!
    Als großer Fußball-Fan kann ich die kulturelle (und literarische) Bedeutung des Sports nur unterstreichen. Kennst du „Fever Pitch“ von Nick Hornby? Eines meiner Lieblingsbücher aller Zeiten. Ernsthaft.
    LG,
    Gunnar

    1. Ja, „Fever Pitch“ kenne ich – das ist klasse geschrieben und hat mir, obwohl ich jetzt nicht so der absolute Fußballfan bin, auch sehr gut gefallen: Man versteht einfach gut, wieso einen dieses Fieber packen kann 🙂 Herzliche Grüße, Birgit

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