Von Möpsen und Menschen

„Ein Leben ohne Mops ist möglich, aber sinnlos.“ Loriot war übrigens nicht der einzige Kreative, der der Mopserei verfiel. Ein Streifzug durch Möpsisches.

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Bild von Free-Photos auf Pixabay

Die allgemeine Verehrung von Möpsen war mir schon immer ein Rätsel. Sehe ich Frauchen und Herrchen mit welchen, dann denk ich mir insgeheim: Niedlich. Aber warum halten sich die Leute denn keinen Hund???

Doch ausgerechnet unter Künstlern und Anhängern ist die Zahl der Mopsianer Legion. Es gibt zwar 1001 und mehr Dalmatiner, es gibt Bernhardiner, Dackel, Schäferhunde, meinetwegen auch Pudel und Spitze, und es gibt die Königsklasse, den Mischling. Aber kein Hund wurde gefühlt so oft bedichtet wie der Mops, über keinen wahrscheinlich so viel geschrieben wie über dieses Knautschgesicht mit vier Beinen.

Loriot und sein Mops waren nicht die ersten

Und dies nicht erst seit Loriot, der da einfach behauptete: „Ein Leben ohne Mops ist möglich, aber sinnlos.“ Auch Ernst Jandl mit seinem kotzenden Mops löste diese doch etwas skurrile literarische Mode nicht aus. Dafür werden sich an diesem Werk noch Generationen von Sprachwissenschaftlern, Literaturexperten und Germanisten abarbeiten. Es gibt seitenweise Untersuchungen dazu, die von einer Analyse der anarchistischen Züge des Mops reichen bis hin zur Feststellung, das Gedicht drücke die Annäherung von Mensch und Tier aus. Wie mopsig. Mir macht dieser Mops vor allem eines: Immer wieder einen Mops-Spaß.

Die Reihe seiner dichtenden Anhänger war schon zuvor staatlich. Unter anderem waren Heinrich Heine, Rainer Maria Rilke und Gregor von Rezzori Freunde dieses „anhänglichen Begleithundes“. Goethe („Der Mops von Edelstein“), Wilhelm Busch („Plisch und Plum“) und andere setzten ihm literarische Denkmäler. Die Anzahl der Mops-Gedichte und Mops-Geschichten ist so hoch wie die Häufchen-Dichte in manchem Berliner Stadtpark.

Das Brettener Hundle berühmter als Melanchthon

Der Mops stammt ursprünglich aus China. Es war das Privileg des Kaisers, ihn zu berühren und anzufassen. Für Hinz und Kunz gab es nur zweite Wahl – sprich Möpslinge, die nicht den kaiserlichen Standards entsprachen. Später schrieb der Mops in Europa Geschichte – so das Brettener Hundle, das 1504 in der Melanchthon-Stadt eine Belagerung beendete. Melanchthon ist der zweitnächstberühmte Sohn der Stadt. Nach dem Mops.

Seltsamerweise wurde der Mops zwar viel und oft bedichtet, kommt dabei dann aber oftmals nicht allzu gut weg. Vielleicht auch deshalb, weil die Poeten dazu neigten, ihm menschliche Eigenschaften zuzuschreiben oder ihn gar mit unserer Spezies verglichen. So gab Hoffmann von Fallersleben dem Mops sogar die Sprache und dazu eine verfressene Schlauheit: „Als unser Mops ein Möpschen war“.

Der klassische Mops:

Christian Morgenstern kapriziert sich auf die Urgemütlichkeit, die dieser Hund auf viele ausströmt:

Mopsenleben

Es sitzen Möpse gern auf Mauerecken,
die sich ins Straßenbild hinaus erstrecken,
(um) von sotanen Posten
die bunte Welt gemächlich auszukosten.
O Mensch, lieg vor dir selber auf der Lauer,
sonst bist du auch ein Mops nur auf der Mauer.

Auf Wilhelm Busch ist Verlass: Mensch und Mops kommen bei ihm gleichermaßen nicht allzu gut weg.  In seinem naturgeschichtlichen Alphabet „für größere Kinder und solche, die es werden wollen“, bemerkt Herr Busch  nur süffisant: „Der Mops ist alter Damen Freude.“ Um das in gereimter Form noch deutlicher zu schildern:

Die Strafe der Faulheit

Fräulein Ammer kost allhier
Mit Schnick, dem allerliebsten Tier.

Sie füttert ihn, so viel er mag,
Mit Zuckerbrot den ganzen Tag.

Und nachts liegt er sogar im Bett,
Da wird er freilich dick und fett.

Einstmals, als sie spazieren gehen,
Sieht man den Hundefänger stehen.

Er lockt den Schnick mit einer Brezen.
Das Fräulein ruft ihn voll Entsetzen.

Doch weil er nicht gehorchen kann,
Fängt ihn – gripsgraps! – der böse Mann.

Seht, wie er läuft, der Hundehäscher!
Und trägt im Sack den dicken Näscher.

Gern lief er fort, der arme Schnick,
Doch ist er viel zu dumm und dick.

„Den schlacht´ ich!“ spricht der böse Mann,
“Weil er so fett und gar nichts kann.“

Das Fräulein naht und jammert laut,
Es ist zu spät: da liegt die Haut.

Zwei Gülden zahlt sie in der Stille
Für Schnickens letzte Außenhülle.

Hier steht der ausgestopfte Schnick.
Wer dick und faul, hat selten Glück.

Überhaupt scheint der Mops in den Augen mancher Poeten das Tier älterer Damen zu sein, ein Partner- und Liebesersatz. Man denke nur an „Der Mops von Fräulein Lunden“ von James Krüss: Der Mops von Fräulein Lunden war eines Tags verschwunden. Sie pflegte, muss man wissen – tagtäglich ihn zu küssen… Immerhin verdeutlicht Krüss, wie wenig dem Tier das gefallen haben mag, denn: „Ein Mops ist keine Puppe“. Schleifchen soll er also nicht tragen, aber was geschieht, “Wenn die Möpse Schnäpse trinken”?

Man sieht also: Die literarische Auseinandersetzung mit dem Mops ist vielgestaltig und hat Tradition. Meine verwunderte Frage – warum der Mops, warum unter allen Hunden gerade er? – löst das nicht auf. Vielleicht liegt die Antwort in Loriots Definition: “Möpse sind mit Hunden nicht zu vergleichen. Sie vereinigen die Vorzüge von Kindern, Katzen, Fröschen und Mäusen.” Ja, dann!

Womit Loriot bewiesen hätte, dass, wenn es den Menschen nicht gäbe, der Mops also nicht nur ein Hund, sondern beinahe noch ein Wolf wäre. Den Urvater des Mopses stellte Claudia von „Das graue Sofa“ anhand der wunderbaren Buchreihe „Naturkunden“ vor einigen Tagen vor, ein Portrait des Wolfs.

Autor: Birgit Böllinger

Büro für Text&Literatur: Pressearbeit für Verlage, Autorinnen und Autoren, Literatureinrichtungen

42 Gedanken zu „Von Möpsen und Menschen“

  1. Leider kann ich es Loriot nicht mehr persönlich sagen. Aber dass er behauptete, Möpse vereinigten die Vorzüge von Kindern, Katzen (!!!), Fröschen und Mäusen, halten Kater DJ und ich doch für ein starkes Stück. –
    Trotzdem: schöner unterhaltsamer Beitrag mit der berechtigten Frage „Warum der Mops, warum unter allen Hunden gerade er?“.

    1. Man kann und muss Loriot viel verzeihen, aber da ging er wirklich zu weit. Dass DJ ihm dafür die kalte Schulter zeigen würde, verstünde ich vollkommen. Aber was meinst Du, was erst die Frösche sagen !!!

      1. Um die Anliegen der Frösche kann ich mich nicht auch noch kümmern. Seit er das Loriot-Zitat kennt, habe ich schon genug damit zu tun, DJ alle 5 Minuten zu bestätigen, dass es nichts Edleres, Tolleres, Sensibleres, Klügeres und vor allem Schöneres als Katzen gibt . Wo er Recht hat, hat er Recht …

      2. Um die Frösche kümmert sich der NABU. Schau Du nach Deinem DJ – ich kann verstehen, dass der Schock tief sitzt. Ich stell mir vor, Du bist gerade in derselben Haltung wie Herr Hesse auf dem Katzenbild 🙂

  2. Klaro, ich denk natürlich sofort an mein Kinderlied: Ein Mops kam in die Küche und stahl dem Koch ein Ei. Da…
    Und dann wurde es kinderunfreundlich und brutal und doch grölte ich das Mopslied in der Küche und manchmal heute….immer noch.

    Ich finde Möpse haben etwas Tragisches. Im besten Sinn verkörpern sie ein Trotzdem! Oder Gerade deswegen! in ihren ernsten faltigen Mopsgesichtern. Möpse haben etwas Würdevolles wie manchmal sehr alte Herren. (Mopsdamen auch…?) Jeder Hund ist eine Persönlichkeit, doch die Möpse? Irgendwie liegen sie zwischen Hund und Mensch und allem anderen. Loriot verstehe ich gut, alle Mopsliebhaber. Denn sie machen etwas, das andere hässlich finden, würdevoll und liebreizend. Darum Möpse. Möpse sind die Verkörperung eines Liebwertes in einem Hund, der unhündischer nicht sein könnte und gerade deswegen umso mehr einer ist.
    Danke für Deinen spannenden Beitrag, der mich überrascht sein lässt, wie ich Möpse wahrnehme. Ich wusste bislang nicht einmal, dass ich Möpse mag. Oder doch…???

    Guten Morgen für Dich,

    Herzliche Grüße,
    Stefanie

    1. Schön deine ebensp poetische Mops-Schwärmerei. Möpse als Verkörperung eines unhündischen Liebwertes 🙂 Da wächst jeder Mops in die Höhe. Und dennoch bleibe ich für mich selbst dabei: Wenn ein Hund unter Kniehöhe und von Rasse, dann allenfalls ein Dackel 🙂
      Liebe Grüße Birgit

      1. Liebe Birgit,

        Mich hat noch nie ein Hund zum Frauchen erkoren. Einmal ein Gasthund, ein Mittelschnauzerwelpe. Es war echtes Leid als er zurück musste. Bei ihm und bei mir erst! Doch ich war noch sehr jung, ein Teenie. Ich würde mir keinen Hund kaufen wollen, doch schon mancher kam schneller auf den Hund als gedacht. Ich mag Hunde, auch Möpse und ich finde es schlimm, wenn sie so zu leiden haben unter menschlicher augendienlicher Anmaßung.
        Dackel sind toll. Sehr eigenwillig und stolz, hab ich mir sagen lassen.

        Liebe Grüße von Stefanie

  3. Ich wusste nicht, dass der Mops in der Literatur außer bei Loriot so häufig eine Rolle spielt. Danke für diesen erhellenden Beitrag!

    Zum Mops an sich: Ich sehe im Mops nur eine bemitleidenswerte Qualzüchtung. Wenn ich einen Mops sehe, häufig schwer röchelnd, tut mir das Tier leid. Wie andere schnauzenlose Züchtungen hat er oft Atemprobleme; viele müssen deshalb operiert werden. – Für mich gehört zu einem Hund eine richtige Hundeschnauze, dann klappt’s auch mit dem Atmen. 🙂

    Liebe Grüße
    Silke

    1. Liebe Silke,

      Deine Worte machen mich nachdenklich, ich finde sie wichtig. Möpse sind Gesellschafts- und Designerhunde wurden zu dem hingezüchtet, was sie heute sind. Möpse sind mit ihren hervortretenden großen Augen empfindlicher bei Augenkrankheiten oder Augenverletzungen. Wegen ihres kindlichen Aussehens wegen des runden Kopfes und der großen Augen, galt ein kürzerer Fang als attraktiver und man züchtete die Schnauze immer weiter zurück, was zu den von Dir beschriebenen Atemproblemen führte. Und wieder Qual, weil dem Mensch Natur nicht genug sein kann. Er verbesserzüchtet Natur und verdonnert sie in seinem Schöpferwahn zu leidvollem Dasein. Leider..

      Liebe Grüße,

      Stefanie

      1. Liebe Stefanie,

        ja, das ist leider so. Der Mensch pfuscht der Natur ins Handwerk und die Tiere müssen es ausbaden. Ein Schicksal, das einige Rassen teilen.

        Liebe Grüße
        Silke

    2. Liebe Silke,
      damit hast Du vollkommen recht – das mag zunächst „putzig“ anzusehen sein, aber wenn ich Möpse, Französische Bulldoggen und andere Hunde asthmatisch rumwatscheln sehe, dann tut mir das richtig weh …Völlig überzüchtet. Meine Familie hatte selbst immer Mischlinge – einen mit einem hohen Boxeranteil. Das arme Tier litt im hohen Alter an Magenbeschwerden (Magendrehung), auch so eine angezüchtete Komplikation, bedingt durch den Körperbau.

      1. Liebe Birgit,

        an Französische Bulldoggen musste ich auch denken. In der Nachbarschaft wohnt eine – das Würmchen war noch kein halbes Jahr alt und musste schon operiert werden … Man sollte einfach bestimmte Merkmale nicht herauszüchten bzw. durch Zucht verstärken, daraus entsteht kaum Gutes.

        Meine beiden sind auch Mischlinge überwiegend unbekannter „Zusammensetzung“ und das ist gut so. 🙂

        Ich habe übrigens meine Katzen zu Loriots Definition befragt: Sie haben empört widersprochen!!! :-))

        Liebe Grüße
        Silke

  4. Liebe Birgit,
    da hst Du ja eine ganz beeindruckende poetische Werkschau über den Mops zusammengestellt. Ich wusste gar nicht, dass der Mops – schon seit Jahrunderten offensichtlich – so in den literarischen Blick geraten ist, dachte, er wäre so eine neumodische Erscheinung. Ja, den Mopsspruch von Loriot, den kenne ich. Wusste aber rein gar nichts von seiner engen Beziehung zum Kaiser von China. Und über die Verwandtschaft zum Wolf müssen wir nun doch noch einmal nachdencken, oder? So auf den ersten Blick sieht man´s ja nicht :-).
    Viele mopsfidele Grüße, Claudia

    1. Liebe Claudia,
      ich musste mich heute zwar wegen des einen oder anderen beruflichen Ärgernisses mopsen, aber beim Überfliegen meines Beitrages gerade wurde ich auch wieder mopsfidel. Selbst in unserer Umgangssprache steckt der Mops drin. Klebt an einem wie am Kaiser 🙂
      Herzliche Grüße, Birgit

  5. Schließe mich dem Dankesbellen an: Wuff! Ein Grund für die häufige literarische Bedichtung ist, denke ich, einfach der Name dieses Tieres: „Mops“ schreit in seiner vielfältigen Klang- und Sinnqualität einfach nach literarischen Spielereien. Was seine Beliebtheit angeht, stimme ich Karfunkelfee zu: die Tragik dieser Gestalt scheint zentral. Eine ähnliche Theorie lautet ja, dass die Frauchen und Herrchen sich nicht mehr so hässlich fühlen, wenn sich noch Hässlicheres neben sich schnaufen sehen. Wahrlich ein sehr schöner Text – merci!

    1. Ja, ich denke auch, dass der Name Mops (ottomopskotzkommmops) einfach zum Spielen verleitet…
      Die Interpretation, sich einen hässlichen Hund an die Seite zu stellen, damit man selbst besser aussieht, die hat was 🙂 Wie schlimm muss es um jemanden stehen, der sich einen mexikanischen Nackthund anlacht?
      Ich hab allerdings auch mal einen Bildband auf dem Flohmarkt ergattert, der zeigte, wie sich Hund und Herrchen mit der Zeit immer ähnlicher werden – herrliche Fotos!

    1. Hallo, seid mir nicht böse – aber ich mach bei diesen Bloggerstäbchen nicht mehr mit, aus Zeit- und Platzgründen (es kommen oft so viele Anfragen auf einmal, und ich hab dann hier lieber meine Projekte zum #lithund und zu #MeinKlassiker). Aber danke fürs fragen! LG Birgit

  6. Köstlich, liebe Birgit! Auch für mich gehört der Mops zu den am meisten überschätzten Lebewesen, aber dieser Zusammenstellung bin ich mit dem größten Vergnügen gefolgt. Besonders überzeugend fand ich die schrittweise Ab-Züchtung des Geweihs, um das Tier schoßtauglich zu bekommen.

      1. Der „Traumzauberbaum“, wo das Lied dazugehört, war der Hörspielklassiker in der DDR. Ich hab die CD auch für den kleinen Entdecker gekauft. 😀

  7. Apropops
    füttere ich den kleinen dicken Klops
    sehr gern mit Joghurtdrops.
    Und ab und zu hops
    ich dann mit diesem Mops
    zu den Top of the Pops.

    (Pauline aus dem Haus aus Papops)

  8. Eigentlich ist ja schon alles gesagt. Aber schaut Euch mal Möpse beim Laufen von hinten an. Es sieht hinreißend aus. Sie laufen so ein bisschen quer. Und, also, hammermäßig. Und leichtfüßig. Und der Name – eben: Besser geht’s ja fast gar nicht.

    1. Ich sag gestern einen Ausschnitt des Films über Neo Rauch, der demnächst ins Kino kommt. Und da hoppelte ein Mops durch dessen Atelier – da fiel mir auf, wie der Gang zugleich graziös und doch irgendwie plumpsig ist 🙂

  9. Wenn ich einen Mops sehe, muss ich immer an „Men in Bleck“ denken. Seither erwarte ich immer, wenn ich einen Mops sehe, dass er zu sprechen beginnt. wenn man den Mops vorher nicht bewundert hat, nach diesem Film, erobert er jedes Herz. Zählt zwar nicht als Literatur, ist aber trotzdem groß.
    Liebe Grüße von einer Labrador-Liebhaberin

  10. Ich liebe Loriot – und er liebte Mopshunde … das gab mir auch schon immer zu denken, aber der Urmops, der hat es mir auch angetan. Aber eben nur in seiner wilden Form 😉 Schönen Sonntag!!

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