#VerschämteLektüren (7): Bitte übernehmen Sie, Sophie!

Statt „Verschämte Lektüren“ bezeichnet Sophie Weigand diese Art der leichteren Lektüre eher als „Wohlfühlbücher“. Mit dabei: Romane von Rachel Joyce.

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Wohlfühlbücher statt verschämter Lektüren. Bild von Ylanite Koppens auf Pixabay

Sophie von den Literaturen ist für ihre treffsichere Lektürewahl und tollen Buchempfehlungen ebenso bekannt wie für ihr vielseitiges Engagement: Vor allem die Independent-Verlage und die unabhängigen Buchhandlungen kommen auf ihrem Blog ganz groß raus. Aber auch sie greift manchmal zu Büchern aus einer ganz anderen Leseecke – es darf auch mal schön leicht sein. „Wohlfühlschmöker“ sind für Sophie solche Bücher:

So wirklich verschämt habe ich keines meiner Bücher gelesen. Ich würde mich auch in die Öffentlichkeit mit ihnen begeben, ich würde sie sogar empfehlen. Trotzdem sie sich einer ziemlich lesbaren und flotten Sprache ohne große Stolpersteine bedienen. Keine hohe Literatur, sondern was für Herz, kalte Winterabende, Kannen voll Tee und die nicht ganz so literarischen Momente.

Rachel Joyce ist so eine Autorin, die einem selbst mit ganz tragischen Themen immernoch ein gutes Gefühl gibt, so geschehen in ,Die unwahrscheinliche Pilgerreise des Harold Fry‘ und (für mich) noch mehr in ,Das Jahr, das zwei Sekunden brauchte‘. Einfach Wohlfühlschmöker wie man sie eben manchmal braucht, wenn die Schokolade aus und kein Wein mehr da ist. Oder so.

Ähnliches trifft auf Kathryn Stocketts ,Gute Geister‘ zu, das als ,The Help‘ ja auch irgendwie schmusig (im Sinne von gefällig) verfilmt wurde. Da gibt’s noch wahren Idealismus und Mut und Freundschaft und Liebe angesichts aller Ungerechtigkeit. In diesem Falle der Rassentrennung und Diskrimierung in den 60ern, ausgerechnet in den Südstaaten. Ich empfehle das immer wieder gern, weil man danach das Gefühl hat, man könnte doch ein bisschen Hoffnung in die Welt und ihre Bewohner investieren, es würde irgendwann schon alles gut, wenn man hart genug dafür kämpfe.

Außerdem sei an Stellen wie diesen für mich immer Flavia de Luce genannt, die ich abgöttisch liebe. So richtig altbackene Krimis mit ganz pikantem Dreh – die Ermittlerin ist ja schließlich ein zwölfjähriges Chemie-Genie. Quasi: Wie wäre Miss Marple wohl gewesen, wenn man sie als Kind in ein Chemielabor gelassen hätte? Die Fälle spielen in den 50ern auf dem irgendwie düsteren Familienanwesen bzw. im angrenzenden Bishops Lacey, es gibt zickige Schwestern und Haushälterinnen, die schlecht kochen, aber doch so unglaublich herzlich sind. Einen traumatisierten Butler und jede Menge ironische Seitenhiebe. Flavia macht einfach Spaß!

Hier geht es zur Blogseite der Autorin: http://literatourismus.net/

Autor: Birgit Böllinger

Büro für Text&Literatur: Pressearbeit für Verlage, Autorinnen und Autoren, Literatureinrichtungen

14 Gedanken zu „#VerschämteLektüren (7): Bitte übernehmen Sie, Sophie!“

  1. … für solche Lektüren würd ich mich aber nicht schämen. Also ich hab nur „The Help“ gelesen, aber muss es da nicht „Schlimmeres“ geben?! Ich glaube, ich sollte wirklich mal den Artikel über das sicherlich furchtbare „Firebird“ von Graham schreiben … (und mich schämen.)

  2. Ich habe so einige Bücher entdeckt, die ich vom Fleck weg lesen könnte, möchte, werde. Besonders die kleine Flavia de Luce hat es mir angetan – von der hatte ich bis jetzt noch nie gehört. Der Dialog: „Ich hab im Gurkenbeet eine Leiche gefunden“
    „Das sieht dir mal wieder ähnlich!“ hat mich vollends überzeugt. Muss! ich! haben! Danke für die Tipps.
    Und Ersatz für Hüftgold in Form von Schokolade kommt immer gut. 🙂

    1. Grade wollte ich mir einen Gurkensalat für den Abend machen…aber richtig: Ich dachte zunächst, diese Rubrik würde nicht zur SUB-Erweiterung beitragen und jetzt hätte ich Lust, alles möglich zu lesen, von der Leiche im Gurkenbeet bis zum Tierarzt in Yorkshire. Menno.

  3. Oh, da könnte ich einiges hinzufügen, wirklich Schlimmes. Geschrieben, als habe man Textbausteine abgewandelt und trotzdem noch so etwas wie Spannung hingekriegt. Ich hab es gelesen und nein, ich verrate es nicht. Es ist einfach zu … 🙂
    Aber ich schätze die Funktion der Eskapismusliteratur sehr. Ich kann sie nicht genug würdigen, um zur Ruhe zu kommen, um auszusteigen aus einem hoffnungslos finsteren Alltag, um sich zumindest für einen Moment einer Illusion hinzugeben, wenn das Leben keine erfreulichen Aussichten bereit hält … Für sowas ist sie gut. Günstigstensfalls zu nutzen in dem Wissen um den Zweck. Nur müssten meintewegen nicht Containerladungen davon die Buchhandlungen verstopfen. Ein bisschen Kluges und Nachdenklichen ist schon auch schön.

    1. Stimmt…das sind die Bücher, die vor allem in den Buchhandelsketten bergeweise sich im Eingangsbereich türmen, bis man zur sogenannten „ernsten“ Literatur kommt. Im Gegensatz dazu findet man auf den Literaturblogs, die sich bisher beteiligt haben, solche Bücher meist nicht – daher fand ich es bislang ganz interessant, wer so nach und nach mit den kleinen Sünden herausrückt – Eskapismusliteratur ist dafür der treffende Ausdruck. Die Serie läuft übrigens sicher noch länger – für Reflektionen über das Gelesene, was nicht verraten wird (bis jetzt) wäre also noch Zeit 🙂

  4. Stimmt, wirklich schlimm ist die Auswahl nicht. Über Flavia kann man sich sicherlich streiten, aber auch sie hat ihre Anhänger. Aber ich bin geradezu tödlich neidisch auf die Ausgabe von „Gute Geister“. So eine schöne hab ich nicht… Und da das Buch bekanntermaßen zu meinen Lieblingsbüchern gehört, übernehme ich die Bezeichnung „Wohlfühlschmöker“ direkt, weil sie wirklich treffend.
    Liebe Grüße Maike

  5. Isabel Allende passt, glaube ich, auch noch in diese Reihe. Nicht wirklich schlecht, aber andererseits keine hochgeistige Literatur.

    1. Ich hab außer dem Geisterhaus nichts mehr von ihr gelesen…zwar ab und an mal in Bücher reingeblättert, aber da kam sie mir ein wenig vor wie die lateinamerikanische Uta Danella…

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